Widnauer gewinnt Ostschweizer Kurzfilmwettbewerb

Im Salon werkelt Bashkim Stolla an Haar, Zahn und Herz. Er teilt seine Lebensphilosophien mit seinen Kunden und erzählt von seinem neusten Projekt: Bashkim dreht einen Film und wird zum Regisseur seiner eigenen Geschichte, der Geschichte eines hilfsbereiten Coiffeurs.Schmelztiegel Rue de BlamageBashkim lebt an der Baselstrasse oder «Rue de Blamage», wie sie im Volksmund genannt wird. Menschen aus über 70 Nationen leben hier. Gemüsehändler reihen sich an Bars, Erotiketablissements an Bestattungsinstitute und Allerweltsläden an Coiffeursalons. Bashkim Stolla ist Ladenbesitzer. Er ist aber viel mehr als nur Haareschneider. Sein Salon ist Treffpunkt einer multikulturellen Nachbarschaft, ein Ort des Austausches und der Kommunikation. Stolla macht die Menschen um ihn herum nicht nur äusserlich attraktiver, sondern er sieht sich als Therapeut, der auch das Innenleben der Kunden verschönert.Drehbuch, Regie und SchnittDie Idee zum Kurzfilm kam Lasse Linder, Student an der Hochschule für Design und Kunst in Luzern, während eines Besuches beim Coiffeur seines Vertrauens – Bashkim Stolla. «Ich wollte diese spannende Person porträtieren und ihre Vielschichtigkeit in die Form des Films einfliessen lassen», sagt Linder. Daher lotete der 24-Jährige die Grenzen des Dokumentarfilms aus und vereinte Dokumentation, Spielfilm, Making of und Musikvideo.Lasse Linder brachte die Idee auf Papier, führte während der rund einwöchigen Dreharbeiten Regie und war für den Schnitt verantwortlich. Dejan Barac, sein Studienkollege, führte die Kamera. War bei den Dreharbeiten im Coiffeursalon nur ein kleines Team vor Ort, unterstützten den Regisseur für den zweiten Teil des Films in einem Schloss in Mels über 20 Personen, die allesamt ohne Lohn mitwirkten. «Daher blieben die Kosten tief, und ich konnte sie mit einem Darlehen meiner Eltern berappen», sagt Linder und ergänzt: «Ironischerweise war die Summe des gewonnenen Preisgeldes identisch mit den Gesamtausgaben für den Film.»Obschon sein Film am Filmschulentag an den Internationalen Kurzfilmtagen in Winterthur lobend erwähnt wurde, hätte der Widnauer nicht damit gerechnet, den Ostschweizer Kurzfilmwettbewerb zu gewinnen. «Ich bin selbstkritisch und ständig auf der Suche nach Verbesserungspotenzial», sagt der Student.Dass am Sonntag Familie und Freunde vor Ort waren, löste seine Spannung nicht, war aber Grundlage für eine fröhliche Siegesfeier im Anschluss an die Prämierung. «Der Film löste beim Publikum ein positives Gefühl aus, und viele Zuschauer haben herzhaft gelacht», sagt Linder, «das bedeutete mir besonders viel.»Film aus der HeimatWann der Film «Bashkimi United» für die Öffentlichkeit zugänglich ist, hängt von der Weltpremiere an einem internationalen Filmfestival ab. Bereits im Frühjahr 2019 erscheint jedoch ein aufwendiges Musikvideo von «Suicide Salmon» aus Basel, bei dem der junge Widnauer Regie geführt hat. Ausserdem drehte er zehn Tage lang in einem eritreischen Spital und filmte die Durchführung von Herzoperationen an Kindern. Zudem wird der Regisseur für seine Abschlussarbeit einen Film drehen, der im Rheintal spielt.