05.01.2021

Wichtiger ist der Zusammenhalt

Die Rheintaler Musikkorps leiden unter den Corona-Lockdowns. Sie haben mehr als nur finanzielle Einbussen zu verkraften.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Claudia Bleisch, die Präsidentin des Musikvereins Konkordia Au, sitzt allein im Probenraum im Untergeschoss der Mehrzweckhalle. Sie probiert das neue Mundstück aus, das sie auf ihre Klarinette gesteckt hat.Sie beschäftigen viele Dinge. Etwa die Finanzen, wenn auch nicht an erster Stelle. «Der Musikverein Konkordia Au generiert Einnahmen hauptsächlich durch Festwirtschaften an der Kilbi, am Adventsmarkt, an der Musikunterhaltung, am Funkensonntag und weiteren Anlässen», sagt Claudia Bleisch.Die Finanzen allein sind nicht das Problem«Es ist keine einfache Zeit für die Vereine. Laufende Kosten wie für den Dirigenten, Instrumente, Infrastruktur und Versicherungen sind zu decken», sagt die Konkordia-Präsidentin. Der finanzielle Teil aber sei nur ein kleiner Aspekt und nebensächlich, kein existenzielles Problem. Wegen fehlender gesellschaftlicher Anlässe wie Hauptversammlung, Kreismusiktag, Eidgenössisches Musikfest und dergleichen werde in diesen Bereichen kein Geld ausgegeben. «Fehlende Einnahmen werden durch nicht getätigte Ausgaben aufgehoben», sagt Bleisch.Der zeitliche Einsatz der ehrenamtlich arbeitenden Vorstandsmitglieder habe sich wegen Corona massiv erhöht, obwohl fast keine Proben seien. Immer wieder müsse man sich an die aktuellen Bestimmungen anpassen, Ideen sammeln, wie das Vereinsleben unter den Umständen einigermassen stattfinden kann, um die Mitglieder zu halten. «Ideen müssen ausgearbeitet und umgesetzt werden. Bis es so weit ist, ist die Situation vielleicht wieder anders», so die Präsidentin. Das Musizieren, die Konzerte, das Unterhalten von Leuten, das Hinaustragen der Freude an der Musik ins Volk sei der Kitt für den Zusammenhalt im Verein. Die grösste Herausforderung in dieser Zeit sei dementsprechend nicht finanzieller Natur. Sie bestehe in der Aufgabe, den Fortbestand des Vereins nach der Krise zu sichern. «Dafür gebe ich momentan alles», sagt Claudia Bleisch.Die Widnauer hat es noch härter getroffenSchlimmer als den Musikverein Konkordia Au habe es die Kolleginnen und Kollegen von der Musikgesellschaft Konkordia Widnau getroffen, ist Claudia Bleisch überzeugt. Als Organisator des Kreismusiktages 2020 hat Widnau den Anlass sehr kurzfristig absagen müssen.«Die Absage der Rheintaler Kreismusiktage in Widnau im Mai schmerzte uns sehr, wie alle Rheintaler Musikanten», sagt Goar Hutter, Präsident des Widnauer Musikkorps. Dank fundierter Finanzplanung sowie guter Sponsorenpflege und -akquisition habe man den Schaden klein halten können. «Die Lohnfortzahlungen für unsere Dirigenten fielen jedoch trotzdem an. Einen Teil davon konnten wir erfreulicherweise via Corona-Unterstützung zurückfordern», sagt Goar Hutter.Auch die Auer können auf Unterstützung zählen, von der politischen Gemeinde, der Orts- und der Kirchgemeinde. «Hierfür sind wir äusserst dankbar», sagt die Präsidentin. Ausserdem sei dem Schweizer Blasmusikverband ein Kontingent zur Verfügung gestellt worden, das die Vereine für abgesagte und reduziert durchgeführte Anlässe finanziell entlasten soll. Dies sei bis zu einem Betrag von jährlich über 10000 Franken möglich. «Diese Beiträge sind jedoch an administrative Hürden gebunden, die nicht so einfach zu meistern sind», sagt Claudia Bleisch. Für die Kilbi habe die Konkordia Au aus diesem Fonds einen Beitrag erhalten, da der Anlass in reduziertem Umfang durchgeführt wurde.MG Rüthi verpasst einen grossen Auftritt«Die höchsten Fixkosten, die bei einem Verein anfallen, sind Löhne, in unserem Fall die der Dirigenten», sagt Alexander Bösch, der Präsident der Musikgesellschaft Rüthi. Weitere finanziellen Auslagen fielen bei der Teilnahme an Wettbewerben an und für Noten. «Da es keine Anlässe gab oder gibt, haben wir in diesem Bereich geringe bis keine Ausgaben», sagt Bösch. Mit den Vorbereitungen für den Kreismusiktag in Widnau hatte die MGR bereits gestartet, wodurch Ausgaben angefallen seien. Als schmerzlich bezeichnet Alexander Bösch auch den Ausfall des eidgenössischen Musikfestes 2021 in Interlaken. «Die Teilnahme daran wäre ein Meilenstein in der Geschichte der MGR gewesen.» Er hofft, die Musikgesellschaft sei 2026 in der Lage, den Grossanlass zu besuchen.Der Musikverein Rebstein hat dieses Jahr keine finanziellen, Corona geschuldeten Einbussen verzeichnen müssen. «Dank dem vom Bund gestellten Corona-Budget für Vereinseinbussen konnten die finanziellen Verluste minimiert werden», sagt Dominik Traxler, Präsident des Musikvereins Rebstein. Ihn und die Vereinsmitglieder schmerzten die fehlenden Auftritte mehr als die Finanzlage. Kurzarbeit für Dirigenten möglichBei den Fixkosten der Musikvereine schlagen vor allem Löhne für die Dirigenten zu Buche. In den Corona-News des Schweizer Blasmusikverbands in der Ausgabe November ist zu lesen, für Dirigenten sei Kurzarbeit möglich. «Es gibt Kantone, die alle Gesuche aus unserem Bereich zur Kurzarbeit zugelassen haben, andere nicht», steht im Informationsblatt. Auch gebe es Kantone, die Kurzarbeit für Dirigenten bewilligt, dies aber widerrufen hätten.Ob der vom Bund gesprochene Beitrag für ausgefallene Anlässe 2021 reicht, sei unsicher. «Unsere Dirigentin hatte Kurzarbeit im April und Mai. Danach jedoch nicht mehr, da wir der Meinung sind, andere Firmen haben es nötiger als wir, unterstützt zu werden», sagt Claudia Bleisch. Die Dirigentin der Konkordia Au sei gut ausgelastet mit der Sichtung und Sortierung von Literatur und mit dem Aufgleisen von Proben. «Mit dem Kanton St. Gallen hatten wird Glück, unser Antrag auf Kurzarbeit für April und Mai wurde zügig bewilligt», sagt die Präsidentin des Musikvereins Konkordia Au.«Im Frühling haben wir für den Lockdown Kurzarbeit angemeldet und diese Entschädigung für drei Monate erhalten», sagt Alexander Bösch, Präsident der Musikgesellschaft Rüthi. Seither bekomme der Dirigent den vollen Lohn. Er unterrichte alle Ensembles, biete Einzelstunden an und sei sehr motiviert, mit Kleingruppen zu arbeiten. So könne er individuell auf jedes Bedürfnis eingehen und jedem Mitglied helfen, wo es Probleme gibt. Auch dem Musikverein Rebstein wurde im Frühjahr der Antrag auf Kurzarbeit des Dirigenten bewilligt, wie Vereinspräsident Dominik Traxler sagt.

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