12.09.2018

Wertvoller Zeuge der Bäderkultur

Das Bad Kobelwies gehört seit Mai der Gemeinde Oberriet. Der geplante Abbruch würde einen der wenigen relativ gut erhaltenen Zeugen alter Bäderkultur vernichten.

Von Werner Kuster*
aktualisiert am 03.11.2022
Im Zuge der Forschungen für die neue Rheintaler Geschichte sind auch die alten Bäder ein Thema. Daraus resultiert unter anderem die Erkenntnis, dass Wasser aus Thermal- und Mineralquellen seit der Antike als vorbeugendes, reinigendes und heilendes Mittel eingesetzt wird.Von den alten Bädern ist nur eines noch daIm Rheintal hat als einziges der alten Bäder das Mineralheilbad in St. Margrethen überlebt. Noch im 19. Jahrhundert existierten solche Bäder beispielsweise in Balgach, Marbach, Thal, Eichberg und Altstätten – und eben in Kobelwies. Bereits im 18. Jahrhundert wurde hier das mineralhaltige Wasser aus der Kristallhöhle genutzt. So wird 1730 ein «Bad Kobelwald» erwähnt, das unter der Aufsicht der Obrigkeit stand. In derselben Quelle ist auch von «Teuchelkösten» die Rede, also von Aufwendungen für die Wasserzuleitungen in Holzrohren.48 Wannen vorgefunden1793 taucht in einem Dokument ein Badmeister namens Jakob Kobler als Rat und Abgesandter der Holzrhode Oberriet auf. In einem Bericht von 1826 beschrieb der Arzt und Bäderspezialist Gabriel Rüsch das Bad Kobelwies. Er fand die beachtliche Zahl von 48 Wannen vor, die jeweils mit dem aufgeheizten Wasser gefüllt wurden. Die heilende Flüssigkeit sollte damals vor allem gegen Gliederschmerzen und «Wechselfieber» (Malaria) wirken. Im Sommer scheint das Bad jeweils regelrecht überrannt worden zu sein. Laut Rüsch reichten die 30 Betten jeweils nicht aus, so dass manche Gäste mit dem Nachtlager auf dem Heuboden eines Stalles Vorlieb nahmen. Baden, Essen, VergnügenDas 19. Jahrhundert gilt als die goldene Bäderzeit. Die Medizin entwickelte die Hydrotherapie, also Heilungsmethoden durch Wasser, neben verschiedenen Badearten auch Duschen zu Massagezwecken und Trinkkuren. Ärzte entdeckten, dass die Heilerfolge nicht nur dem Wasser, sondern vor allem auch dem psychologischen Effekt der Badekuren zu verdanken waren.Zur Unterhaltung der Gäste entstand in den grösseren Bädern eine eigene Freizeitkultur. Im kleineren Rahmen war dies auch in Bad Kobelwies der Fall, wo um 1890 im ersten Stock «drei Sääle für Speisezimmer und Unterhaltung» bestanden, im zweiten Stock vierzehn Zimmer mit zwanzig Betten. Die Verpflegung war «einfach und billig», berühmt waren die «Güggel», die Forellen und der Veltliner. Im Erdgeschoss gab es drei Badezimmer mit 20 Wannen. Die Anschaffung von «Kachelwannen» sowie «Strahl- und Regendouchen» stand in Planung. Gerühmt wurden die klimatischen Vorzüge und die «hübsche Lage». Die Badegäste stammten vor allem aus dem Rheintal und dem Appenzellerland. Sie erhofften sich Heilung von chronischen Rheumatismen, Lähmungen, Hautkrankheiten und Fussgeschwüren.Im Verlauf des 20. Jahrhunderts ging das Badewesen in seiner bisherigen Art praktisch ein. Die neu erbauten Volksbäder und ein verändertes Freizeitverhalten wurden zur grossen Konkurrenz In Kobelwies soll das Bad bis 1971/72 betrieben worden sein. Hinweis* Werner Kuster, Historiker und Kunsthistoriker, lebt in Altstätten.

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