08.04.2022

«Weil ich gern Schiedsrichter bin»

Der frühere Super-League-Schiedsrichter Nikolaj Hänni ist jetzt auf regionalen Fussballplätzen anzutreffen.

Von Remo Zollinger
aktualisiert am 02.11.2022
Zwei Grad, Eisregen, ein Kunstrasen-Nebenplatz mit zehn Zuschauerinnen und Zuschauern und ein Viertliga-Spiel: Diese Kulisse bot sich Nikolaj Hänni am letzten Freitagabend, als er das Spiel zwischen Eschen/Mauren III und Rebstein II lei­tete.Der Schiedsrichter fiel im ganzen Spiel nie auf – was gemeinhin als das beste Zeugnis für einen Unparteiischen gilt. Viel zu tun hatte er aber auch nicht; es war ein faires Spiel, der Penalty war deutlich einer, Rudelbildungen oder Provokationen gab es beiderseits nicht an diesem Abend.Nikolaj Hänni ist 46-jährig und hat über 400 Spiele auf  Profi-Niveau gepfiffen. Nun ist er wieder dort, wo einst alles begann: Auf regionalen Fussballplätzen. Hänni entstammt dem FC Staad, aufgewachsen ist er in Altenrhein. Seine aktive Fussballerlaufbahn beendete er mit 20 Jahren, er widmete sich der Schiedsrichterei. Und erreichte in diesem Metier sehr viel. 191 Super-League-Spiele standen unter seiner Leitung, er pfiff auch den Schweizer Cupfinal, Länderspiele und Europacup-Qualifikationsspiele. Dazu kommen Gastspiele in den Profili­gen von Österreich, Katar und Saudi-Arabien.Mit einem Lachen an die Sache herangehenNun pfeift er also wieder in der regionalen 4. Liga. Und wirkt fast überrascht, wird er darauf angesprochen, warum er sich dies antut – er könnte ja einfach den Schiri-Ruhestand geniessen. «Weil ich gern Schiedsrichter bin», sagt er, so einfach. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er nach der Karriere auf höchster Stufe weitermache. Und weil in der Schweiz das Höchstalter 45 für Schiedsrichter auf hohem Niveau gilt, war das im letzten Sommer so weit. Dabei hatte er sich nach überstandenem Darmkrebs erst wieder in die höchste Liga zurückgekämpft. «Ich wollte einfach nochmals dahin. Aber jetzt ist alles gut, ich bin zufrieden», sagt Nikolaj Hänni, der sich nicht über die in Deutschland als solche bezeichnete Altersguillotine beklagt: «Irgendwann war man ja mal in Basel.»In Eschen hat er mit der Spielleitung keine Mühe, die Spieler auf dem Feld respektieren den erfahrenen Unpartei­ischen. «Es war von Beginn an eine faire Atmosphäre. Im Regionalfussball ist alles ehrlicher, weil es hauptsächlich um den Spass am Spiel und nicht um Geld geht», sagt Hänni. Die Vorbereitung auf ein solches Spiel sei natürlich etwas anders als im Profibereich, aber generell gelte es, mit einem Lachen an die Sache heranzugehen – egal, auf welchem Niveau die Partie ist, die er pfeift. «Er lässt sich sicher nicht aus der Ruhe bringen»Marco Keel, Captain des Rebsteiner «Zwei», sagt, er sei vor dem Spiel gespannt gewesen auf  den berühmten Schiedsrichter. Und angenehm überrascht von ihm. Er habe keine Allüren gehabt, dafür aber eine klare Linie.«Es gab keinen Grund, sich über den Schiedsrichter aufzuregen», sagt der bald 30-jährige Keel, der unzählige Partien auf diesem Niveau bestritten hat. Auch er sagt: «Ich finde es gut, wenn man gar nicht merkt, wenn ein Schiedsrichter da ist. Aber Nikolaj Hänni hat auch schon so viel erlebt, er lässt sich sicher nicht von uns aus der Ruhe bringen.» Und meint das nicht so, als würde er dessen Leistung schmälern. Die Rebsteiner (und auch ihre Gegner) hatten Freude, unter einem solchen Schiedsrichter zu spielen.Am Wochenende coacht er die jungen SchiedsrichterEigentlich könnte Nikolaj Hänni ja auch noch auf höherem Niveau als Schiedsrichter sei­-ner Leidenschaft nachgehen, er müsste sich nicht mit einem Viertliga-Spiel begnügen. Er sagt aber: «Das sollen die Jungen machen, ihnen gehört die Zukunft.» Die Jungen stehen teils unter seinen Fittichen. Hänni pfeift nur unter der Woche, weil er am Wochenende junge Talente beobachtet, betreut und fördert. Zwei Tage nach dem Spiel in Eschen war er etwa bei Widnau gegen Frauenfeld, um genau dies zu machen.Gerade im Regionalfussball ist das extrem wichtig: Genauso wie ein ehemaliger Profispieler als Trainer die Jungen besser machen kann, ist es bei den  Unparteiischen. Und weil die meisten Vereine der Region in diesem Bereich einen Mangel haben, ist Nikolaj Hännis Enga­gement für den Regionalfussball und das Schiedsrichter­wesen sehr viel wert.

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