18.05.2020

Weil es der Bund anders will

Carmen Bruss mit Motion gescheitert: Der Selbstbehalt auf dem Abzug für selbstbezahlte Krankheitskosten bleibt in der Steuererklärung.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Kantonsrat. Viele Stimmbürger auf der Strasse sehen es ebenso wie die Diepoldsauer SVP-Kantonsrätin Carmen Bruss: Niemand wird freiwillig krank. Dass einem die selbstbezahlten Gesundheitskosten in der Steuererklärung nicht voll angerechnet werden, sondern davon zwei Prozent des Nettoeinkommens abgezogen werden, hält Bruss für nicht richtig, zumal bei behinderungsbedingten Kosten kein solcher Abzug geltend gemacht werde, wie sie in einer Motion schreibt, die sie zusammen mit ihrem Kantonsratskollegen Bruno Dudli aus Oberbüren im Februar eingereicht hat (wir berichteten). Mit der Motion sollte der Abzug abgeschafft werden. Eine Petition mit den Unterschriften von rund 700 auf der Strasse angetroffenen Leuten sollte dem Anliegen noch Nachdruck verleihen.Der Bund verlangt einen SelbstbehaltDie Regierung zeigt sich allerdings unbeeindruckt. Sie räumt zwar in ihrer Stellungnahme ein, dass behinderungsbedingte Kosten einerseits und Krankheits- und Unfallkosten anderseits bei der Steuerveranlagung ungleich behandelt werden. Dies liege aber an Bundesrecht, genauer am Steuerharmonisierungsgesetz, welches für die Krankheits- und Unfallkosten einen Selbstbehalt vorschreibe. Wie hoch dieser angesetzt wird, überlässt der Bund den Kantonen.Würth: Baselbieter Regelung bundesrechtswidrigDamit gaben sich die beiden Motionäre gestern nicht zufrieden. Im Besonderen verwies Bruno Dudli auf den Kanton Baselland, der auf einen Selbstbehalt verzichte. Das stimme zwar, meinte Regierungsrat Benedikt Würth. Für den St. Galler Finanzdirektor verhält sich der Kanton Baselland damit aber «steuerharmonierungswidrig». Man könne daraus nicht ableiten, dass die dortige Regelung bundesrechtskonform wäre.Die Regierung lehnt es aber auch ab, den Abzug zu reduzieren, wie dies Carmen Bruss daraufhin vorschlug. Der jetzige Selbstbehalt zähle bereits schweizweit zu den niedrigsten, hielt Würth fest.Der Rat folgte letztlich den Argumenten der Regierung: Er lehnte es mit 64 Nein zu 21 Ja Eintreten ab, auf die Motion einzutreten.Bruss: Wer krank ist, sollte nicht noch bestraft werdenCarmen Bruss sieht damit eine Chance vertan, eine Ungleichbehandlung zwischen Kranken und Behinderten aus der Welt zu schaffen: «Krank ist krank, egal was dazu geführt hat», meinte sie. Und wer krank sei, sollte nicht noch mit dem Selbstbehalt bestraft werden.Für Regierungsrat Würth hingegen wird mit dem Selbstbehalt im Steuergesetz auch dem Anspruch auf Solidarität und Eigenverantwortung Genüge getan. Und gerade auf letztere poche die SVP sonst doch bei jeder Gelegenheit. 

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