12.11.2020

Weil die Rechtsgleichheit torpediert würde

Ein Fahrverbot für laute Töff ist über den Stoss nicht möglich, antwortet die Regierung auf einen Vorstoss von Kantonsrat Meinrad Gschwend.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Das österreichische Bundesland Tirol hat die Töfffahrer diesen Sommer geschockt: Es hat auf einigen der schönsten Töffstrecken ein Verbot für Maschinen mit einem Standgeräuschwert von mehr als 95 dB verhängt. Auch in der Schweiz demonstrierten die Töfffahrer, als bald darauf von einheimischen Politikern Forderungen nach ähnlichen Massnahmen hierzulande deponiert wurden.Im Kanton St. Gallen reichte der Altstätter Kantonsrat Meinrad Gschwend von der Grünen Partei einen Vorstoss ein. Er forderte ein Fahrverbot für besonders lärmige Töff auf beliebten Ausflugsstrecken wie die Strasse von Altstätten über den Stoss, wo die Anwohner schon seit Jahren über an manchen Wochenenden kaum mehr aushaltbaren Lärm klagen.In der Schweiz wäre das bundesrechtswidrigDie Regierung hält aber im Kanton St. Gallen für nicht möglich, was im Tirol zwischen Imst und Reutte diesen Sommer durchgesetzt wurde. Die heute in der Schweiz geltende Rechtslage lasse dies nicht zu, schreibt sie in ihrer Antwort auf Gschwends Vorstoss. Ein solches spezifisch für einzelne Töff und bestimmte Strecken geltendes Verbot wäre bundesrechtswidrig, hält sie fest.Zum einen weil viele der fraglichen Töff für den Verkehr zugelassen sind. Sie verfügen über eine typenkonforme Ausstattung, die über ein normiertes Messverfahren abgenommen worden ist. Zum anderen schreibe die eidgenössische Verkehrsregelverordnung zwar vor, dass kein vermeidbarer Lärm erzeugt werden soll; sie nenne aber keinen konkreten Lärmgrenzwert. Ein solcher müsste vom Bund erst festgelegt werden, am besten grad nicht nur für Töff, sondern gleich für jegliche Motorfahrzeuge, meint die Regierung. Sie gibt auch zu bedenken, dass die Strassen, die wohl am ehesten für ein solches Fahrverbot für laute Töff in Frage kämen, in der Regel Kantonsstrassen seien, die dem Gemeingebrauch gewidmet seien und von Gesetzes wegen dem allgemeinen Verkehr dienen. Viele dieser Strassen würden zudem der Durchgangsstrassenverordnung des Bundes unterliegen und seien auch deshalb für den allgemeinen Verkehr offenzuhalten. Und zu diesem zählten die Motorräder nun mal auch.Der Rechtsgleichheit ebenfalls entgegenstehen würde ein auf laute Töff und einzelne Strecken beschränktes Fahrverbot, weil es für ebenso laute zweispurige Fahrzeuge nicht gelten würde. Und auch weil andernorts Anwohner teils ebenso sehr von lautem Verkehr betroffen seien, die ihn weiterhin zu dulden hätten.Nichtsdestotrotz zeigt die Regierung viel Verständnis für das Anliegen. «Dauernder Lärm ist schädlich», hält sie fest. Schutz vor übermässigem Lärm als StaatszielDer Schutz davor gilt im Kanton St. Gallen sogar als Staatsziel: Die Regierung verweist auf die Kantonsverfassung in welcher steht, dass Mensch und Umwelt vor schädlichen und lästigen Einwirkungen – also auch vor Lärm – bewahrt werden sollen. Der Weg dahin führt nach Ansicht der Kantonsregierung aber nur über eine Änderung von Bundesrecht. Aber selbst wenn eine rechtliche Grundlage bestünde, könnte das Polizeikommando ein Fahrverbot, wie Meinrad Gschwend es fordert, nicht ohne Weiteres verfügen. Wie bei jeder Verkehrsanordnung wäre erst zu prüfen, ob es erforderlich, geeignet sowie verhältnismässig ist und ob es die Rechtsgleichheit und andere Grundrechte wahrt, erklärt die Regierung. Es wäre beispielsweise zu prüfen, ob ei­ne weniger weit gehende Massnahme nicht auch schon genügen würde, beispielsweise eine Tempolimite oder ein Überholverbot. Es sollte ausserdem zu keiner Verlagerung des lauten Verkehrs auf eine andere Strecke kommen.Und – darauf weist die Regierung ebenfalls hin: Für Anwohner, die selbst einen lauten Töff haben, müsste wohl eine Ausnahmeregelung getroffen werden.

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