Sie sind hier, weil sie nicht mehr zu Hause sein können. Die Mädchen und jungen Frauen in der Jugendstätte Bellevue in Altstätten. Ihre Hintergründe und ihre Geschichten sind ganz unterschiedlich. Aber eines haben sie alle gemeinsam: «Sie sind hoch belastet und aus den öffentlichen Strukturen herausgefallen», sagt Uta Arand, Heimleiterin der Jugendstätte Bellevue.
Weihnachten ist eine belastende Zeit im Jahr
Insgesamt gibt es im «Bellevue» drei Wohngruppen – zwei offene und eine Intensivgruppe. Zweiundzwanzig Jugendliche zwischen dreizehn und achtzehn Jahren finden hier einen sicheren Hafen, in dem sie nicht nur wohnen, sondern auch die Möglichkeit haben, die interne Tagesstruktur mit theoretischem und praktischem Unterricht zu besuchen.
Auf den Wohngruppen werden die Jugendlichen von ausgebildeten Sozialpädagoginnen betreut. Diese fangen sie bei Krisen oder Grenzüberschreitungen auf und stabilisieren sie. Gerade in schwierigen Zeiten sind sie für die Jugendlichen da. Die Weihnachtszeit ist für manche so eine schwierige und belastende Zeit. Uta Arand erklärt:
Jeder Mensch hat andere Erfahrungen mit Weihnachten gemacht, manchmal auch sehr herausfordernde.
Und so sei es auch bei den Jugendlichen im «Bellevue»: Die Spannungen und Erwartungen zu Hause, der Stress in der Gesellschaft und die Hektik übertragen sich oft auf sie, wie die Heimleiterin sagt.
Mentale Vorbereitung ist Bestandteil
Die Mitarbeitenden der Jugendstätte Bellevue setzen alles daran, dieser Belastung entgegenzuwirken, indem sie positive und schöne Erlebnisse schaffen, ganz nach dem Grundsatz: Viel Freude trägt viel Belastung. Ein Anlass zur Freude ist zum Beispiel die jährliche Gruppenweihnacht, die jede Wohngruppe mit ihrem Betreuungsteam feiert. «Damit der Abend für alle schön werden kann, sprechen die Sozialpädagogen und -pädagoginnen im Vorfeld mit den Jugendlichen über mögliche Gefühle wie Ohnmacht, Wut, Angst und Trauer und wie man damit umgehen kann», erklärt Uta Arand. «Damit ermöglichen wir es den Jugendlichen, dass sie sich darauf einlassen und etwas Schönes daraus machen können», sagt Raffaela Spescha, Sozialpädagogin und Gruppenleiterin.
Die Atmosphäre bei der Gruppenweihnacht sei nicht anders als in der Stube einer Familie, betont Raffaela Spescha: «Eigentlich ist es so, wie ich Weihnachten von zu Hause kenne.»
Tomaten-Mozzarella-Salat ohne Tomaten
Es gibt einen Apéro, zum Znacht Fondue Chinoise, Raclette oder Käsefondue. Das Menü suchen sich die Jugendlichen selbst aus. «Einmal haben sie sich einen Tomaten-Mozzarella-Salat ohne Tomaten gewünscht», erinnert sich die Sozialpädagogin und lacht.
Nach dem Abendessen treffen sich alle im Wohnzimmer, vor dem Weihnachtsbaum werden Weihnachtslieder gesungen, Geschichten erzählt und natürlich Geschenke ausgepackt. In diesem Jahr lagen Haarglätter, Badesalz oder auch ein T-Shirt unter dem Baum. «Die Jugendlichen dürfen sich vorher für einen bestimmten Betrag etwas wünschen», erklärt Raffaela Spescha. Bei einem gemütlichen Dessert wird die Gruppenweihnacht dann abgeschlossen.
Dieses Jahr fand das Fest am 19. Dezember statt: Es war ein besonderer Moment der Gemeinschaft und des Miteinanders, der trotz aller Schwierigkeiten und Belastungen ein Stück Weihnachtsstimmung und Freude gebracht hat. Raffaela Spescha sagt:
Und wenn sich die Jugendlichen bedanken und sagen, dass es wirklich ein schöner Abend war, ist es auf ganzer Linie ein Erfolg.