25.02.2022

Wehmütige Fasnachtserinnerungen

Nach dem Musikanten-Maskenball Muma nun auch die Schnitzelbank: Berneck verliert weiteren Traditionsanlass.

Von Mario Ammann
aktualisiert am 02.11.2022
Mario AmmannMan kann selten etwas 1:1 vergleichen. Doch Berneck war in vielerlei Hinsicht ein besonderer Ort mit ideenreichen Leuten, die auch Anlässe mit Pioniercharakter haben entstehen lassen. Das soll die Initiative der heutigen Berneckerinnen und Bernecker nicht schmälern. Vermutlich war es früher einfacher, etwas Neues mit einer Ausstrahlung über die Dorfgrenzen hinaus auf die Beine zu stellen.Muma-Ball als Magnetim TalIn einer Zeit mit weniger Möglichkeiten sich zu vergnügen oder sich zu unterhalten, war jede Abwechslung sehr willkommen. Diesen Schluss lässt das Studium der Vereinsakten des Musikvereins Berneck zu. Denn als gegen Ende der 40er-Jahre die Idee eines Maskenballes auf den Tisch kam, dauerte es nur ein paar Wochen bis zur Umsetzung des Vorhabens und bis zur Premiere. Der Musikanten-Maskenball – später Muma-Ball – war geboren. Der Anlass war über Jahre ein Muss für Rheintaler Fasnächtler. Der «Ochsen»-Saal war am Fasnachtsmontag fest in Narrenhand. Nach 50 Jahren war die Luft rausAls der jährliche Rummel der Wirtefamilie verständlicherweise nicht mehr zugemutet werden konnte, setzten sich insbesondere die damaligen Vereinsmitglieder Johann Hongler und Kurt Schmidheiny für eine Verlegung in die Bünt-Turnhalle ein. Der Wechsel gelang, und der Musikverein Berneck als Veranstalter nutzte die Chance, jeweils am Sonntagnachmittag in der dekorierten Halle auch einen Kinder-Maskenball durchzuführen. «Das 50-Jahr-Jubiläum war noch ein grosser Erfolg», erinnern sich ältere Musikanten. Aber um die Jahrtausendwende sei eine Baisse bei den Maskenbällen erkennbar gewesen. Die Besucherzahlen gingen in Berneck merklich zurück. «Am Ende stimmten Aufwand und Ertrag nicht mehr überein.» Der Verein habe letztlich wehmütig die «Akte Muma-Ball» schliessen müssen. Einen etwas längeren Schnauf zeigten die Schnitzelbänkler. Aber nach 60 Jahren wird auch hier vorläufig der Stecker gezogen. Vorläufig darum, weil der Anlass im Grunde genommen jederzeit wieder reaktiviert werden kann. «Ja, das stimmt. Wir brauchten nur Zeit für unsere eigenen Vorbereitungen und am Fasnachtssamstag ein Gastrecht in den Beizen für den Auftritt», bestätigen altgediente Mitglieder der «Minisprützer». Diese Gruppe hatte neben den Gründern der Schnitzelbank, der «Schnitzelbank GmbH», am längsten Bestand. Zwischen 1980 und 2011 tingelte das fast legendäre Sextett 32-mal durch das Dorf. Über alle Jahre dabei war Jogg Studer. Die «Minisprützer» entstanden, weil die Mitglieder der GmbH immer ordentlich «Dräck am Stäcke» hatten, aber sich natürlich nicht selbst an den Pranger stellten.Die «Minisprützer» waren eine verschworene Truppe, die sich nach wenigen Wechseln in den ersten Jahren später kaum mehr veränderte. Zusammen mit Pablo Bänziger als Zeichner war die bekannte Schlussformation im Durchschnitt über 24 Jahre aktiv. «Das war toll, aber auch eine Hypothek», geben die «Minisprützer» zu. Denn je länger man zusammengehöre, umso schwieriger werde eine komplette Erneuerung. Also blieb schliesslich nur der Abschied von der Bühne. Diesbezüglich ging es den beiden Frauengruppen «Lismernodle» und «Räbahäxa» nicht besser. Mit dem Ausscheiden von Schlüsselpersonen fehlte der Biss weiterzumachen und frische Kräfte standen auch nicht Schlange. Bemühungen, neue Gruppen zu motivieren, waren nur bedingt erfolgreich. Würdiger Abschied wegen Corona nicht möglichEine grosse Bereicherung war seit 2001 die Gruppe «Überfliegair». Das damals junge Trio mit Philipp Färber, Roman Federer, René Lei und später auch Benjamin Dierauer, setzte mit ihrem Konzept neue Akzente. Ihnen tat es Jahre später die Gruppe «NewsComer» gleich. «Überfliegair» hätte sich vor einem Jahr – nach 20 Jahren – verabschieden wollen. «Das Ende der Schnitzelbank wäre höchstwahrscheinlich schon dann besiegelt worden», glaubt Mario Ammann. Er hatte 2016 zusammen mit Hansruedi Lei und Pablo Bänziger als ehemalige «Minisprützer» unter dem Namen «Bäredräck» einen Neustart gewagt. Im Vorjahr konnte aber keine Schnitzelbank stattfinden.Ein neuer Versuch, jetzt im 2022 war angedacht, scheiterte aber an der unbekannten Entwicklung der Coronapandemie und der damit verbundenen Einschränkungen. «Wir hätten den überaus erfolgreichen ‹Überfliegern› gerne einen tollen Abschluss gegönnt. Aber gute Motive sind einfach rar geworden und über Corona wollten wir uns nicht lustig machen», sagt Ammann zum definitiven Schluss seiner Zeit als Schnitzelbänkler. Es sei schade, dass die Schnitzelbank nicht gebührend mit Pauken und Trompeten beerdigt werde. Aber wer weiss, vielleicht steht sie wieder einmal auf.

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