Max TinnerManch ein Altstätter ist gar nicht begeistert über das neue Asylzentrum, das der Bund neben dem Regionalgefängnis im Hädler bauen will. Anders als noch an den Infoabenden vor zwei Jahren gab es an der Informationsveranstaltung, zu der das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Donnerstagabend in den Altstätter «Sonnen»-Saal eingeladen hat, allerdings keine Unmutsbekundungen mehr. Den Kampf um den Verkauf des städtischen Bodens an den Bund hatten die Gegner längst verloren: Die Vorlage war im Juni 2016 von fast zwei Dritteln der Abstimmenden angenommen worden.Der aktuelle Anlass war denn auch relativ bescheiden besucht. Nur knapp 50 Interessierte kamen. Das meiste war ohnehin bereits bekannt. In erster Linie ging es um die Zwischenlösung für die Zeit bis zur Inbetriebnahme des neuen Verfahrenszentrums, auf die sich Bund, Kanton und Stadt geeinigt haben. Ab März 2019 wird der Bund nämlich das frühere Bürogebäude der EgoKiefer an der Schöntalstrasse für die Befragung der Asylbewerber nutzen. Derzeit sind dort noch Umbauten im Gange, im Besonderen um den Brandschutz zu verbessern. Die heutigen Befragungsräume im Empfangs- und Verfahrenszentrum an der Bleichemühlistrasse werden zu Schlafräumen umgebaut. Einsprachen für die Umnutzung jener Räume seien mittlerweile bereinigt, sagte Stadtpräsident Ruedi Mattle.Asylverfahren werden massiv verkürztNötig ist die Zwischenlösung, weil der Bund bereits nächsten Frühling, bevor überhaupt mit dem Bau des neuen Asylzentrums im Hädler begonnen wird, ein neues Asylverfahren einführt. Dieses soll wesentlich früher zu einem Entscheid führen. Die Verfahrenszeit wird von heute teils mehreren Jahren auf noch 100 bis 140 Tage verkürzt.Weil die Umnutzung der früheren Büros an der Bleichemühlistrasse zu Schlafräumen bereits nächstes Jahr und nicht erst mit dem Bau des neuen Zentrums zu einer höheren Belegung führen wird und weil die neuen Befragungsräume fast anderthalb Kilometer Luftlinie entfernt liegen, hat die Stadt darauf bestanden, dass bereits ab nächstem Frühling Regeln gelten sollen, die man fürs neue Bundesasylzentrum im Hädler ausgehandelt hat, etwa der Ausbau des Sicherheitsdispositivs (inklusive einer 24 Stunden am Tag erreichbaren Hotline für die Bevölkerung), eine Tagesstruktur für die Asylbewerber und keine Zuweisung weiterer Asylbewerber durch den Kanton (was die Stadt entlastet).Im Besonderen bestand die Stadt darauf, dass das Asylzentrum in Altstätten auch während der Übergangszeit als Verfahrenszentrum geführt wird und nicht als Ausreisezentrum. Der Stadtrat will damit Probleme mit möglicherweise renitent werdenden abgewiesenen Asylbewerbern vermeiden. Der Stadtrat hat ebenfalls durchgesetzt, dass während der Übergangszeit im heutigen Verfahrenszentrum noch nicht die im neuen Bundesasylzentrum mögliche Höchstzahl von 390 Asylsuchenden untergebracht werden, sondern höchstens 340 (bislang waren es knapp 180). Die Aufenthaltsräume bei den Büros an der Schöntalstrasse dürfen ausserdem frühestens um 8 Uhr geöffnet und müssen spätestens um 18 Uhr wieder geschlossen sein. Es muss weiter ein Shuttlebusbetrieb zwischen dem Heim an der Bleichemühlistrasse und dem Befragungszentrum an der Schöntalstrasse aufgezogen werden. Und der Stadtrat besteht darauf, dass das Bundesasylzentrum im Hädler so rasch gebaut wird wie möglich.Wann gebaut werden kann, hängt von den Altstättern abWann die Bagger auffahren können, wird freilich auch von den Altstättern selbst abhängen, machte Roger Boxler, der designierte Leiter der Asylregion Ostschweiz mit den Bundesasylzentren in Altstätten und Kreuzlingen, am Donnerstag klar. Denn das Bundesasylzentrum muss dasselbe Baubewilligungsverfahren durchlaufen wie jedes andere Bauprojekt auch – sprich: Es sind Einsprachen möglich, die erst bereinigt werden müssen, bis die Baubewilligung erteilt werden kann. Momentan läuft noch der Planungswettbewerb (als Gesamtleistungswettbewerb). Für nächsten Frühling ist eine detaillierte Information der Bevölkerung in Aussicht gestellt, bevor dann das Plangenehmigungsverfahren angegangen wird. Für dieses rechnet der Bund ein Jahr ein. Bezugsbereit sein könnte das neue Bundesasylzentrum dann Ende 2022.Barbara Büschi, die stellvertretende Direktorin des SEM, betonte zudem, dass eine möglichst baldige Inbetriebnahme auch im Interesse des Bunds sei: «Alles unter einem Dach zu haben hilft, effizient zu arbeiten.» Im Besonderen habe der Bund deshalb kein Interesse daran, die temporären Befragungsräume an der Schöntalstrasse zu einem «Providurium», also zu einer Dauerzwischenlösung, werden zu lassen.Erst recht, nachdem bereits die Verhandlungen von Bund und Kanton mit der Stadt für das Betriebskonzept über ein Jahr gedauert hatten. Der Stadtpräsident habe sich als hartnäckiger Verhandlungspartner erwiesen, verriet Regierungsrat Fredy Fässler. «Manchmal habe ich mir gedacht, mit dem kommt man in den Verhandlungen nirgendwohin.» Mattle habe es zwar nicht grad auf die Spitze getrieben, er dürfte aber das Maximum für die Stadt herausgeholt haben.Zumal es Gemeinden brauche, die ein Asylzentrum auf ihrem Gebiet duldeten, sei eine Kompensation durchaus gerechtfertigt. Für Altstätten falle sie attraktiv aus, betonte Fässler. Zum einen biete das neue Bundesasylzentrum rund 100 Arbeitsplätze. Zum andern spüle der Deal Altstätten – nach dem Verkauf des Bodens fürs neue Bundesasylzentrum, dem Rückkauf des Areals mit dem heutigen Verfahrenszentrum sowie einem Solidaritätsbeitrag der St. Galler Gemeinden – netto 6 Mio. Franken in die Stadtkasse. «Irgendjemand muss diesen Job machen», meinte Fässler, «und wer ihn macht, soll auch etwas dafür haben.»Mehr Polizisten in AltstättenWeil mit dem grösseren Asylzentrum auch der Aufwand für den Kanton steigt, wird dieser vom Bund mit einer Sicherheitspauschale entschädigt. Diese will der Kanton für die Aufstockung der Stadtpolizei in Altstätten einsetzen.Barbara Büschi stellte ausserdem das neue Bundesasylzentrum in Altstätten in einen nationalen und globalen Kontext: Dieses Jahr seien in der Schweiz von Januar bis Ende November 14230 Asylgesuche eingereicht worden; rund 2700 weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Der Trend könne sich aber jederzeit wieder umkehren, stellte Büschi klar. Der Migrationsdruck werde gross bleiben. Laut UNO-Flüchtlingswerk UNHCR seien weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Das SEM unterstütze auch Hilfsprojekte für Migranten und Flüchtlinge in den Erstaufnahme- und Transitländern: «Wer es dort einigermassen gut hat, wandert nicht weiter», sagt Büschi.HinweisAuf der Homepage der Stadt Altstätten finden sich detaillierte Informationen zum geplanten neuen Bundesasylzentrum: www.altstaetten.ch > Projekte > Bundesasylzentrum Hädler.