24.10.2020

Vorerst kein Gefängnis-Baustart

Das Areal für die Gefängniserweiterung ist als belastet und als sanierungsbedürftig beurteilt worden.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Das heisst: Der Bau verzögert sich weiter. Nachdem die Voruntersuchung abgeschlossen und ein Gutachten zum Baugrund erstellt ist, werden in einem nächsten Schritt, bis Ende Jahr, Sanierungsvarianten erarbeitet.Chemie gelangt  in die RietaachDer Feuerwehr diente der Ort viele Jahre für Übungen. Es handelt sich um das Areal des früheren Altstätter  Zivilschutzausbildungszentrums, kurz Zaza.Im Zuge des Baugesuchverfahrens wurden erste Altlasten entdeckt: Bauteile des Brandhauses, in dem die Feuerwehr früher das Löschen in Gebäuden übte, wiesen eine hohe Konzentration problematischer Stoffe auf. Der Kanton führte daher zwischen Februar und September (gemäss Altlastenverordnung) auf dem ganzen Gebiet zwischen Luchsstrasse und Rietaach eine umfangreiche Voruntersuchung durch.Die Luchsstrasse trennt das Grundstück, auf dem das bisherige Gefängnis steht, vom belasteten Areal nordwestlich der Strasse.Das nun vorliegende Gutachten beurteilt das Areal als einen «belasteten Standort mit Sanierungsbedarf in Bezug auf das Schutzgut Oberflächenwasser». Vom kantonalen Baudepartement ist zu erfahren: «Über die Drainageleitungen gelangen chemische Verbindungen aus der Stoffgruppe PFAS (per- and polyfluoroalkyl substances) in die Rietaach.» Das Grundwasser sei gemäss der Analyse nicht belastet.Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen haben keine natürliche Quelle, sondern werden industriell hergestellt und in einer Vielzahl von Produkten verwendet. In einem Papier des Bundesamtes für Umwelt heisst es, bei Flugplätzen und Feuerwehrübungsplätzen seien teils sehr hohe Belastungen gefunden worden. Pfas kommen etwa im Löschschaum der Feuerwehr vor.Untersuchung des Bachs im nächsten JahrDie Rietaach fliesst in einer Entfernung von hundert Metern nordwestlich des Geländes. Das Gewässer wird vom Fischereiverein Mittelrheintal genutzt. Wie also steht es um die Fische im Gewässer?Die Antwort des Kantons lautet so: Die Drainageleitung, über die problematische Substanzen in die Rietaach gelangen, führe in Trockenperioden naturgemäss wenig oder gar kein Wasser. In der Regel gelangten somit «nur bei erhöhter Wasserführung» Schadstoffe in die Rietaach. Dadurch sei eine gewisse Verdünnung der Schadstoffe gewährleistet. Das Amt für Wasser und Energie werde die betreffende Stoffgruppe bei der nächsten Überprüfung 2021 untersuchen, um eine mögliche Belastung der Rietaach (und somit auch der in ihr lebenden Tiere) festzustellen.Im Sommer hatte man mit   dem Bau starten wollenFür die Gefängniserweiterung bedeutet die Belastung des Baugrundes eine weitere Verzögerung. Ursprünglich hatte die Absicht bestanden, im Sommer dieses Jahres mit den Bauarbeiten zu beginnen.Obwohl die Voruntersuchung nun abgeschlossen ist, lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage zum Baubeginn machen, teilt das Baudepartement mit. Weil die Sanierungsvarianten erst zu erarbeiten sind, bleibt vorerst offen, welche Massnahmen beschlossen werden.Bäume kommen in  KehrichtverbrennungDie Bäume auf dem Gelände werden zur Entsorgung einer Verbrennungsanlage zugeführt. Der Kanton geht davon aus, dass sie ebenfalls mit chemischen Verbindungen aus der Stoffgruppe PFAS belastet sind. Diese Stoffe bauen sich in der Natur nicht ab.Dass sie sich nicht unkontrolliert in der Umwelt ausbreiten, sei mit der Verbrennung sichergestellt, schreibt der Kanton.Altstätter Gefängnis  auch für Widnau wichtigDie Gefängniserweiterung ist auch für Widnau wichtig. Denn die Haftbedingungen, für die der Bund neue Vorgaben gemacht hat, lassen sich in kleineren Gefängnissen wie jenen in Widnau, Flums, Gossau und Bazenheid nur schwer oder allenfalls mit grossen Investitionen einhalten.Die Gefängniserweiterung ermöglicht es, die vier kleinen Gefängnisse zu schliessen.Aus dem ursprünglichen Plan, den Neubau im Frühjahr 2023 zu beziehen und die Sanierung des bestehenden Gefängnisses ein Jahr später abzuschliessen, wird nun aber sicher nichts. Auch das Asylzentrum muss wartenBundesasylzentrum Die Verzögerung bei der Gefängniserweiterung heisst, dass auch das neue Bundesasylzentrum erst später entstehen kann. Denn dessen Bau setzt eine Strassenumlegung voraus, die ihrerseits erst nach der Altlastenbeseitigung möglich ist.Für die Stadt ist das Asylzentrum bedeutungsvoller als das Gefängnis. Denn ohne neues Zentrum hat die derzeitige Übergangslösung weiter Bestand: An der Bleichemühlistrasse bleibt das Empfangs- und Verfahrenszentrum in Betrieb, und auf dem früheren EgoKiefer-Areal werden durch das Staatssekretariat für Migration Befragungen von Asylsuchenden durchgeführt. Mit anderen Worten: Bevor nicht das neue Zentrum eröffnet wird, besteht das alte Platzproblem.Die Befragung von Asylsuchenden im ehemaligen Bürogebäude von EgoKiefer ist als Übergangslösung gedacht.Die verzögerte Gefängniserweiterung betrifft die Stadt Altstätten weniger. Natürlich sei man aber froh, wenn es vorwärtsgehe, sagt Stadtpräsident Ruedi Mattle, denn mit der Erweiterung seien Bauaufträge und neue Arbeitsplätze verbunden. Inwiefern die Baugrundsanierung allenfalls ein gemeinsames Projekt des Kantons und der Stadt als einstiger Mieterin des Areals sein werde, sei noch offen, sagt Mattle. Weder über die weiteren Schritte noch eine allfällige Kostenbeteiligung sei bereits diskutiert worden.  

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