02.09.2022

Vor der Schrottpresse gerettet

Fredy Pillinger ist nicht nur der Initiant der Historischen Verkehrsschau, schon als Kind war er ein Autonarr.

Von Rudolf Hirtl
aktualisiert am 02.11.2022
«Während die anderen Kinder auf der Wiese Fussball gespielt haben, war ich oft auf einem der beiden in der Nähe von Rheineck liegenden Schrottplätze anzutreffen, habe mich in einem verrosteten Porsche hinters Steuer gesetzt und mir vorgestellt, wie ich damit durch die Gegend fahre», sagt Fredy Pillinger auf die Frage, wie denn sein Faible für Autos entstanden sei. Damals habe auch noch das Bergrennen in Walzenhausen stattgefunden, bei dem er selbstverständlich an der Strecke gestanden sei und das seine Leidenschaft für flotte Flitzer zusätzlich geschürt habe.Schon mit zwölf Jahren stellte er sich die Frage, welches Auto er fahren wolle, wenn er endlich seinen Führerschein hat. Als sein Vater damals erwähnte, dass die Alpine dem weitaus bekannteren Porsche um die Ohren fahren würde, war für Pillinger klar, was es sein sollte. Allerdings war eine Alpine damals in den 70er-Jahren teurer als ein 911er und erst noch äussert selten anzutreffen. «Damals bin ich mit meinem kleinen Bruder mit Kindersitz auf dem Velo von Rheineck bis Balgach zu Renault Pöltinger geradelt, um mir eine Alpine im Schaufenster anzusehen», erinnert sich der heute 60-Jährige an jene Zeit mit einem Schmunzeln zurück.Eine verlotterte Alpine vom SchrottplatzDie französische Sportwagenmarke Alpine wurde 1955 von Jean Rédélé gegründet. Seit 1973 gehört die Marke zum Renault-Konzern. Und eine Alpine kostete 1978 satte 35 000 Franken. Unerschwinglich für den damals 18-jährigen Pillinger. So war denn sein erstes Auto zwar auch vom französischen Autobauer, aber ein Renault R5 Alpine, den er in Berneck von einem Schrottplatz holte und wieder herrichtete. Später konnte er seinen R5 gegen einen Renault 12 Gordini eintauschen. Versteht sich von selbst, dass Fredy Pillinger 1981 die Rennlizenz löste und fortan selber bei Slaloms und Bergrennen gegen die Uhr fuhr, auch 1986, als das letzte «echte» Walzenhauser Bergrennen stattfand.[caption_left:Staub- und blickgeschützt in der Garage.]Immer im Hinterkopf blieb die Alpine. Als er 1988 im thurgauischen Tobel eine Alpine-Ruine entdeckte, war es um ihn geschehen. Pillinger sagt mit einem Lachen: «Als ich das Auto, das wirklich in einem schäbigen Zustand war, nach Hause brachte, ging bei meiner Freundin Karin (heute seine Frau) der Laden runter.»Die Alpine, die erst neun Jahre alt war, hat er über zwei Jahre restauriert. Damals eine schwierige Sache, da das Interesse an französischen Marken sehr gering war, nach dem Motto «Der Franzose rostet schon im Prospekt». Fertig restauriert war die Alpine übrigens im September 1990, genau zu seiner Hochzeit. Einen Autokonvoi gab’s allerdings nicht, da hatte die Braut etwas dagegen.Aktivitäten blieben Jean Rédélé nicht verborgenHeute hat er nicht nur die mittlerweile 43-jährige Alpine immer noch, 1990 gründete er mit Borsi Walser und Guido Vogel die Interessengemeinschaft «Alpine Association Bodensee». 1997 wurde dann die Internetplattform Renault Alpine Club International (RACI) ins Leben gerufen. Fredy Pillinger sagt: «Das grösste für uns war, als Jean Rédélé uns dazu beglückwünschte – welch ein Ritterschlag.»Der Klub beteiligte sich bei vielen Veranstaltungen im In- und Ausland. Einer der Höhepunkte war 1994, als er mit 368 anderen Alpine-Fahrern beim Record du Monde in Metz (F) teilnahm und Jean Rédélé persönlich kennenlernte. 1995 verschwand der Name Alpine für die nächsten 20 Jahre, was Fredy Pillinger nicht daran hinderte, 1997 eine der grössten Alpine-Sonderausstellung im damaligen Automuseum «Alte Garage» in Rorschach zu organisieren.Rund um den Güterschuppen beim Hafenbahnhof Rorschach führte der Klub fortan Frühlings- und Herbsttreffen durch und zeigte dabei nicht nur Alpine, auch die ersten Oldtimer waren zu sehen. Wenig Verständnis zeigte der damalige Stadtpräsident von Rorschach. Dieser monierte fehlende Einnahmen wegen der belegten Parkfläche. Verantwortliche in Altenrhein zeigten sich vom ständig wachsenden Anlass hingegen begeistert und 2003 fand die 1. Historische Verkehrsschau auf dem Airportgelände statt. Zu den besten Zeiten kamen über 2500 Oldtimer nach Altenrhein. Die Schau war äusserst lebendig, so demonstrierte beispielsweise eine Dragline (Seilbagger) Erdarbeiten, und zog Tausende Besucherinnen und Besucher an.Kein Platz mehr auf dem Airport2018, nur wenige Wochen vor der 18. Austragung, kam dann das Aus für die Verkehrsschau. Zumindest auf dem Gelände des Airports in Altenrhein. Die People’s Vienna Line hatte sich ein zweites Verkehrsflugzeug zugelegt und durch die Zunahme von Charterflügen wurden mehr Parkplätze gebraucht. Pillinger erinnerte sich damals daran, dass die Geschäftsführung des Rheinparks bezüglich der Austragung der Verkehrsschau Interesse bekundet hatte. Ein Telefonat mit Zentrumsleiter Andreas Aepli – und die Sache war geritzt.[caption_left:Das Innenleben der Alpine.]er Verein Historische Verkehrsschau kann seinen Anlass seither auf dem Gelände rund um das Einkaufszentrum durchführen. So auch die 22. Auflage am Sonntag, 18. September. Unter dem Motto: «Räder, die die Welt bewegen», werden Oldtimer-, Youngster- sowie Markenklubs und deren Freunde alter Motorräder und Traktoren erwartet. Für unter 18-Jährige ist der Eintritt kostenlos. Beim Floh-, Oldtimer-, Ersatzteile- und Modellmarkt findet fast jeder ein Objekt, das er schon immer begehrt hat.«Wir verschwenden keine Ressourcen»Viele würden sich eine Rückkehr der Verkehrsschau nach Altenrhein wünschen. Laut Pillinger würde auch Bernhard Vonier, der das neue FFA-Museum initiiert hat, die Rückkehr der Historischen Verkehrsschau begrüssen. «Wir wären sicher eine attraktive Ergänzung der Oldtimerflugzeuge.» Eine Rückkehr sei aus logistischen Gründen aber leider nicht möglich. Es seien mittlerweile neue Hangars gebaut worden und es gebe noch weniger Platz. Ist eine derartige Veranstaltung bei der aktuellen Energiekrise überhaupt noch zeitgerecht? «Ja», bekräftigt Pillinger, «wir verschwenden keine Ressourcen, wir erhalten sie und richten uns so klar gegen die Wegwerfgesellschaft.»

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