11.08.2021

Vor 75 Jahren ein Riesenskandal

Unterschlagungen und der Suizid des Bankleiters erschütterte Oberegg vor 75 Jahren.

Von Peter Eggenberger
aktualisiert am 03.11.2022
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich damals weit über die Bezirksgrenzen hinaus die Nachricht «Der Bankleiter hat unterschlagen», und während der Untersuchungshaft richtete sich der Betrüger selbst. Hans Bischofberger nimmt in der Bevölkerung eine besondere Stellung ein. Er leitet die Filiale der Kantonalbank in Oberegg. Er gehörte zeitweise dem Kirchen- und Schulrat an und ist zudem Kantonsrichter. Er ist ungehalten, wenn er von den «Goofe» nicht namentlich gegrüsst wird. Man ist doch wer …» schreibt Max Sonderegger im Oberegger Jugenderinnerungen umfassenden Buch «Christelehr ond wääche». Die Bankfiliale befand sich im damaligen Restaurant Linde am Kirchplatz. Bessere Kreise gehen auf Distanz«Der Bankleiter zeigt sich immer wieder grosszügig, was den Eindruck eines uneigennützigen Herrn aufkommen lässt. Bis zu einem Frühlingstag im Jahre 1945 …» An jenem Tag blieb die Bank geschlossen. Die Bevölkerung mutmasste über den Grund. Todesfall? Bankeinbruch? Bis zum Abend machten verschiedenste Vermutungen die Runde. Max Sonderegger: «Dann geht es wie ein Lauffeuer durchs Dorf: «Hans hat unterschlagen.» Die Gerüchteküche brodelt. Gewisse «bessere» Leute schauen etwas komisch aus der Wäsche. Waren sie mit dem Filialleiter bis vor kurzem noch ein Herz und eine Seele, gehen sie jetzt auf Distanz und erklären, man sei schon seit einiger Zeit etwas skeptisch gewesen …»Sogar Sparbüchlein von Kindern geplündert«Ein Sturm der Entrüstung stellte sich ein, als feststand, dass der ‹Herr Bankverwalter› sogar Sparbüchlein von Kindern geplündert hatte …» Im November 1945 wurde die Angelegenheit im Grossen Rat behandelt. Weitere Verfehlungen wie die Übernahme von Bardepots und deren Veruntreuung, Entgegennahme und Veruntreuung von Spareinlagen, Fälschung von Quittungen und weitere Delikte wurden publik. Überdies hatte der Beschuldigte die Abklärung des Tatbestands durch Leugnen und Vertuschen erschwert und zu verhindern versucht. Der errechnete Schaden aus den verschiedenen Delikten betrug rund 52500 Franken, wobei sich die Verfehlungen über einen Zeitraum von zehn Jahren erstreckten. «Jetzt bleibt vom Heiligenschein nicht mehr viel übrig, der Lack ist ab», schreibt Max Sonderegger. «Am Landsgemeindesonntag 1946 richtet sich Hans Bischofberger während der Untersuchungshaft selbst. Die Familie wird kaltgestellt. Die ‹Linde› und die ganze persönliche Habe werden im Juli 1946 versteigert. Welch ein Abgang …!» (Das mit Originalfotos illustrierte Buch «Christelehr ond wääche» ist in der Oberegger Bäckerei Bischofberger erhältlich.)

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