29.01.2021

Von Waschkellern faszinierte Diebe

Ein kriminelles Pärchen aus Tschechien brach im Rheintal, Werdenberg und Sarganserland in Rekorzeit Münzautomaten auf.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 03.11.2022
Der Fall wird vor dem Kreisgericht Mels verhandelt: Die Zahl der Einbrüche in den beiden Anklageschriften füllt stolze 54 Seiten, alles verübt in kaum zehn Wochen. Dabei gingen sie teils einzeln, teils miteinander vor, der Ertrag war oft kaum der Rede wert, lag meist im zweistelligen Bereich. Hier fielen mal ein Koffer und ein paar Einmachgläser an, deren Inhalt man gleich am Tatort verzehrte. Dort gab’s 24 Coladosen zu finden oder fünf Liter Olivenöl.Natürlich fanden sie zuweilen auch Spirituosen oder Pflegeprodukte, die sich in einschlägigen Kreisen umstandslos zu Geld machen liessen respektive zu Kokain, denn dazu diente die Beute der 27- und 36-jährigen Männer. Sie waren aus privaten Gründen in die Schweiz eingereist, doch bald gab’s Streit mit Kollegen aus dem Drogenmilieu. Danach kämpften sie klauend um ihren Lebensunterhalt.Wechselautomaten und Münzbehälter geknacktDabei fanden sie heraus, dass Mehrfamilienhauskeller mit einer Schweizer Besonderheit aufwarten, der Brigade jener Waschmaschinen, die nach striktem Plan von allen Parteien genutzt werden, nach Münzeinwurf. Weil dem Pärchen Bargeld verlockender schien, als Putzmittel, Cremes und Bierflaschen abzuschleppen, knackten sie in rund 20 Fällen die Münzbehälter oder dazugehörige Wechselautomaten auf. So kamen im Einzelfall schon mal 1000 Franken zusammen.Der Fokus ihrer Einbruchstätigkeit lag im Rheintal zwischen St. Margrethen und Sargans, wo sie gleich sechsmal zuschlugen. Aber auch Mels geriet in den Fokus, Trübbach, Sevelen und Buchs sowie vielfach Altstätten. Zuweilen lagen gar noch Ausflüge nach Liechtenstein und Toggenburg drin.Durch die Hundetür ins Haus gekommenDort landeten sie ihren mit Abstand grössten Coup, als sie bei Wildhaus via Hundetür in ein Haus eindrangen, vor dem sie zuvor stundenlang im Wald ausgeharrt hatten. Sie fanden zehn teure Armbanduhren im Wert von über 42 000 Franken, die wiederum dem Lebensunterhalt wie Drogenkonsum dienten.Die Anklage forderte an Schranken eine Haftstrafe von 40 Monaten für den 36-jährigen Haupttäter, für seinen 27-jährigen Lebenspartner 30 Monate teilbedingt. Dies vor allem wegen des banden- und gewerbsmässigen Vorgehens, Hausfriedensbrüchen, Sachbeschädigungen und Drogendelikten. Der Landesverweis soll zehn respektive acht Jahre dauern. Die Beschuldigten selber wirkten eher wortkarg, zeigten sich aber grundsätzlich geständig, einsichtig und glaubwürdig. Der Anwalt des Haupttäters verlangte Einstellungen oder Freisprüche vor allem bezüglich die Banden- und Gewerbsmässigkeit. Sodann folgten selten erlebte rund 100 Eventualanträge, die in epischer Breite einem milderen Strafmass dienen sollten. Der Verteidiger des Zweittäters verlangte im Wesentlichen Freispruch von der Bandenmässigkeit und für den Rest eine Haft von 20 Monaten teilbedingt.Das Gericht gelangte jedoch zur Überzeugung, dass die Angeklagten in der Hauptsache schuldig sind. Nach steter Rechtsprechung des Bundesgerichts brauche es nur zwei Personen für eine Bande, hiess es, die Gewerbsmässigkeit sei erstellt und eingestanden. Im Blick auf einige Sachbeschädigungen und Hausfriedensbrüche erfolgten Einstellungen, weil Verletzungen des Anklageprinzips vorlagen. Der Haupttäter fasste letztlich 36 Monate Haft, die Hälfte zur Bewährung aufgeschoben. Sein Partner erhielt 28 Monate, davon 14 Monate bedingt. Die Landesverweise betragen zehn und acht Jahre. Aus Tschechien brachten sie bereits mehrere Vorstrafen mit. Für die Taten in Liechtenstein haben sie in Vaduz bereits Haftstrafen erhalten und derweil auch abgesessen.

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