Gert BrudererAls die SSC Big Band in ihrer Anfangszeit einmal an einem Internationalen Faustballturnier auftrat, kam nach drei Liedern der Veranstalter herbeigeeilt und fragte, ob die Band denn nun nicht auch einmal ein volkstümliches Stück spielen könne.Diese Anekdote, die Trompeter Bruno Fehr in lebhafter Erinnerung hat, passt zur Aussage von Präsident Erich Koller, für Jazz sei das Rheintal «echli ein steiniger Boden». Aber nur die Schweizer Seite, fügt Fehr hinzu, der Mitglied ist im Jazzclub Lustenau.Diesseits des Rheins hat sich zwar kulturell manches zum Guten gewendet, auch dank des Vereins St. Galler Rheintal. Eine Big Band ist trotzdem besonders gefordert. Martin Kobelt spricht davon, wie anspruchsvoll es sei, mit einem guten Mix zugleich vielfältig und fürs Publikum berechenbar zu bleiben.Jede Stimme nur einmal besetztAuf dem weiten Feld von populärer Unterhaltungsmusik bis hin zu schwerer zugänglichem Jazz stellt die SSC Big Band jedes Jahr ein neues Programm aus 18 bis 20 Nummern zusammen, in dem jeweils auch für zwei, drei modernere Jazzstücke Platz ist.Dazu kommt das Christmas-Konzert, das die Band seit dem Jahr 2006 jährlich in zwei Kirchen gibt, stets in Zusammenarbeit mit einem Chor, einem Organisten, einem Streichquartett oder sonst einer Partnerformation.Als Jack Städler und Armin Schneider, zwei ehemalige Alt-stätter Stadtmusikanten, die SSC Big Band 1994 gründeten, waren vor allem weitere Stadtmusikanten dabei. Stadtmusikanten, die mehr wollten, als sich der klassischen Blasmusik hinzugeben. Bald stiessen Interessierte aus anderen Ortschaften dazu, am Jazz interessierte Musikanten oder Musikschullehrer wie Bruno Fehr, der Big-Band-Sound schon früh als «höchstes der Gefühle» pries.Was die Big Band von einem Musikverein strukturell unterscheidet, ist die bloss einfache Besetzung jeder Stimme. Die je vier Trompeten und Posaunen, fünf Saxofone sowie die Rhythmusabteilung mit Gitarre, E-Bass, Klavier und Schlagzeug haben bei einem Konzert alle zwingend vertreten zu sein. Fehlt auch nur eines der zwanzig Bandmitglieder, kann das Publikum dies hören.Um jede Beeinträchtigung auszuschliessen, arbeitet die Big Band mit versierten Aushilfen zusammen. Auch Gründungsmitglied Jack Städler, inzwischen der musikalische Leiter der Swing Werk Big Band, tritt ab und zu als SSC-Verstärkung in Erscheinung.Erneut ist ein Top- Musiker zu GastMusikalisch hat sich die SSC Big Band ehrgeizig entwickelt. Der höchste Schwierigkeitsgrad 6 plus ist zwar noch Zukunftsmusik. Aktuell spielt die Formation aber Joe Zawinuls «Mercy Mercy Mercy» mit einem Arrangement der Stufe 6. Um gut zu tönen, muss jedes einzelne der zwanzig Bandmitglieder der hohen Anforderung gewachsen sein, sonst klappt es nicht.Natürlich bewegt sich das Repertoire nicht durchgehend auf derart hohem Niveau. Doch einfache Lieder wie «Pretty Woman» (Stufe 2) oder «Quando quando» hat man zugunsten anspruchsvollerer Stücke hinter sich gelassen, wofür auch «Count Bubba» (Stufe 5) ein Beispiel ist.Statt sich wie in der Anfangszeit auf einfache Swing-Nummern namhafter Bandleader wie Glenn Miller und Count Basie zu beschränken, schmettert die SSC Big Band ihrem Publikum mit sattem Klang einen vielfältigen, mit starken Soli angereicherten Sound entgegen – Jazz, den Pop-, Rock-, Latin- und Funkelemente, aber auch Balladen ergänzen. Um die Spannung zu erhöhen, ist das instrumentale Klanggebilde zum Teil mit Gesang angereichert.Der Ehrgeiz ist ungebrochen. So verfolgt die Band das Ziel, alle zwei, drei Jahre einen hochkarätigen Gastmusiker für einen Workshop und zur Aufwertung eines Konzerts anzuheuern. Diesen Luxus hat man sich erstmals vor fünf Jahren geleistet. Mit Tony Lakatos war damals ein ungarischer Starsaxofonist zu Gast. Die Arbeit mit dem Profi während einer Woche habe der SSC Big Band eine spürbare Steigerung ermöglicht, sagt Bruno Fehr.Fürs bevorstehende Jubiläumskonzert vom Samstag, 13. April, hat die Band den französischen Saxofonisten Baptiste Herbin engagiert, der mit dem Chansonnier Charles Aznavour auf der Bühne stand und im Pariser Vorprogramm des Weltstars Dionne Warwick zu erleben war.Die Big Band hat verhältnismässig viele Wechsel zu verkraften. Das fordert sie, gibt aber immer wieder jungen Musikern Gelegenheit, in einer Big Band mitzuwirken, und beugt der Überalterung vor. Dank einer gesunden Fluktuation liegt der Altersdurchschnitt derzeit bei vierzig Jahren. Severin Heinrich, das jüngste, aus Romanshorn stammende Mitglied, stiess vor zwei Jahren als 17-Jähriger zur Band.Die SSC Big Band hatte seit fünf Jahren bestanden, als sie zu einem Verein wurde. Jack Städler war der erste Präsident, Armin Schneider der erste Bandleader.Nachdem in den Anfangsjahren im Altstätter Schulhaus Bild geprobt worden war (im gleichen Raum, der einst der Stadtmusik zur Verfügung stand), wechselte die Band 1999 nach Marbach, ins Probelokal des dortigen Musikvereins. Zehn Jahre später zügelte die Band ins neue Altstätter Haus der Musik, und ein weiteres Jahrzehnt danach – im Sommer 2018 – ins Schulhaus Bild. Somit ist die 25-jährige SSC Big Band 20 Jahre nach der Vereinsgründung und ihrem Wegzug aus dem angestammten Probelokal an ihren Ursprungsort zurückgekehrt.HinweisFr, 12. April: Konzert mit Baptiste Herbin im Restaurant Harmonie, Chistepass, Wolfhalden; Sa, 13. April: Konzert mit Baptiste Herbin in der Sonne in Altstätten.