24.09.2019

Vom Fast-Profi zum Amateur

Nicola Di Gregorio, «Maradonas» Schritte ins normale Leben.

Von Beni Bruggmann
aktualisiert am 03.11.2022
Fussball 1:1 gegen den Favoriten Rorschach-Goldach 17. Für Aufsteiger Rheineck ist der Punktgewinn ein Erfolg. Nicola Di Gregorio, Rheinecks erfahrener Abwehrspieler, sitzt ausnahmsweise auf der Auswechselbank. Diesmal führt ihn der Weg nicht in die Platzmitte, wo sich die beiden Teams begrüssen. Nicola Di Gregorio kann nicht spielen. Der Rücken schmerzt. Also begibt er sich ausserhalb des Spielfeldes zur Spielerbank. Wie er so daherkommt, untersetzt, kräftig, ein bisschen zu schwer für einen Topathleten, mit Sonnenbrille, im blauweissen Trainingsanzug (wie Argentiniens Fussballer), erinnert er an Maradona.Auch sein Start ins Fussballerleben gleicht durchaus dem des grossen Stars. Von Rhein-eck, wo er aufwächst und die Schulen besucht und wo er natürlich als Kleiner im FC mit Fussballspielen beginnt, wechselt er zum FC St. Gallen. Er spielt von der U-14 bis zur U-21 in allen Nachwuchsteams. Nicht als Mitläufer. Oft ist er Captain. «Schon als Junior wollte ich den Ton angeben, sagte ich meine Meinung», erinnert er sich, «und wollte ein Leader sein.»Junioren-Nationalspieler mit fast 50 EinsätzenSein Talent ist überdurchschnittlich. Er gehört schweizweit zu den Besten seines Alters. Der schweizerisch-italienische Doppelbürger bestreitet fast 50 Länderspiele in den nationalen Nachwuchsteams. Markus Frei und Bernard Challandes zum Beispiel sind seine Trainer, Djemaili, Djourou und Schwegler seine Mitspieler. An der U-17-EM in Dänemark steht er im gleichen Team wie Tranquillo Barnetta. Da ist einer auf dem geraden Weg in den grossen Fussball.Beim FCSG kommt er unter den Trainern Peischl und Loose zu Einsätzen, vor allem in den Vorbereitungsspielen. Und dann reicht es doch nicht. Er schafft den Sprung in die erste Mannschaft und damit in den Spitzenfussball nicht. «Natürlich, das hat geschmerzt», blickt er zurück. Unfreiwillig macht er den ersten Schritt aus der «Traumwelt Spitzenfussball» ins Leben.Am liebsten im ZentrumIn der Folge spielt er bei Brühl, Widnau, Amriswil, Rorschach und Altstätten, jeweils nur kurze Zeit. Dann folgt der nächste Schritt: Heim zu seinem FC Rheineck. Seit dem Jahr 2011 gehört er nun dort zur ersten Mannschaft. Er spielt am liebsten im defensiven Bereich. «Aber immer in der Mitte, ich bin ein Zentrumsspieler.» Acht Spielzeiten lang glänzt er durch Routine, Stellungsspiel und Konstanz. «Ich habe in dieser Zeit höchstens vier, fünf Spiele verpasst», sagt er, der immer mit der Rückennummer 13 spielt. «Die 13 habe ich von meinem Freund und Vorbild Mario Bigoni geerbt. Wir spielten zusammen in Rheineck und St. Gallen. Er war zwei Jahre älter als ich. Ich eiferte ihm nach.» Dann wird Di Gregorio still. Die Freundschaft mit Bigoni nimmt ein tragisches Ende. Im Oktober 2011 fand man dessen Leiche im Alten Rhein. Die Todesursache wurde nie aufgeklärt.«Maradona»wird TrainerNun sitzt «Maradona», mittlerweile 33 Jahre alt, also auf der Bank. Dies symbolisiert seinen nächsten Schritt. «Ich möchte Trainer werden.» Dafür bringt er mit seiner vielfältigen Vergangenheit als Spieler alle Voraussetzungen mit. Und er analysiert bereits diesen Match gegen Rorschach-Goldach: «Schön, dass wir früh in Führung gehen konnten, aber ärgerlich, dass wir den Ausgleich durch eine Standardsituation hinnehmen mussten.»Eigentlich wünschte man dem Angeschlagenen nun eine ruhige, erholsame Woche. Doch die gibt es nicht. Denn Nicola Di Gregorio, technischer Kaufmann und Sachbearbeiter Verkauf bei der Firma Gifas Electric in Rheineck, steht vor dem nächsten Schritt zurück ins Leben, diesmal einem grossen. Am nächsten Freitag heiratet er seine Freundin Melanie Kistler, die aus dem Aargau stammt. Gegen Ende des Jahres erwartet das Paar ein Kind. Der zukünftige Vater strahlt, weil er weiss: Fussball ist nicht das Wichtigste im Leben.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.