22.01.2019

Viele offene Fragen bei der Austria

Bei der Lustenauer Austria herrscht Tristesse nach dem überraschenden Rücktritt von Langzeitpräsident Hubert Nagel.

Von Günther Böhler
aktualisiert am 03.11.2022
Bekanntlich wurde bei der Jahreshauptversammlung (JHV) am Freitag auf Antrag des Fanklubs «Nordtribüne» eine Geheimabstimmung durchgeführt – dies war ein Novum bei den Grün-Weissen. Nachdem nur 119 Mitglieder für den 67- jährigen Nagel stimmten – 107 waren dagegen – nahm dieser die Wahl nicht an. «Das Kapitel Austria Lustenau ist für mich beendet», liess er nach 22 Jahren als Vereinspräsident wissen. In seinem Sog legten auch die Vizepräsidenten Christian Ortner und Reinhard Bösch sowie zahlreiche andere Funktionäre ihre Ämter nieder.Kein Rücktritt vom RücktrittDer Appetit auf das traditionelle Austria-Schnitzel nach der JHV war fast allen vergangen, und es hat sicherlich auch dem ins Spiel gebrachten neuen Gremium nicht gemundet. Denn Sportgemeinderat Bernd Bösch sprach vor den angesetzten Neuwahlen von nötigen Änderungen ab Sommer 2019. Doch nun scheint es, dass der Geschäftsmann aus Lustenau und sein vierköpfiges Gefolge – Alain Bauwens von Hauptsponsor Planet Pure, Stadionsprecher Florian Matt, der frühere Vizepräsident Stephan Muxel (Unternehmer in Au/Bregenzerwald) und Christoph Wirnsberger – früher als geplant ihr Amt antreten müssen. Doch bei der momentan führungslosen Austria gibt es noch keinen Termin für die unumgängliche ausserordentliche HV.Jene, die in den letzten Tagen mit einem Rücktritt vom Rücktritt rechneten, erhielten bereits eine klare Absage von Nagel. Allerdings ist er bereit, sich mit der Opposition an einen Tisch zu setzen, um die Übergabe des Vereins zu sichern. Am Mittwochabend um 19 Uhr ist im «Glashaus» auf dem Gelände des Reichshofstadions, wo auch die denkwürdige JHV stattgefunden hat, ein Stammtisch angesetzt, an dem nebst Hubert Nagel und Bernd Bösch auch Lustenaus Bürgermeister Kurt Fischer teilnimmt.Vorbehalte gegenüber Nagel sind vielfältigDie Gründe für die Vorbehalte gegenüber Nagel sind vielfältig. One-Man-Show, falsche Kaderplanung und ganz klar der mehrmals verpasste Aufstieg in die Bundesliga wurden dem langjährigen Präsidenten immer wieder vorgeworfen. Das Verbleiben in der Liga schmerzt umso mehr, je länger sich Lokalrivale Altach in der höchsten Spielklasse hält.Und die Schmerzen sind seit der Vergrösserung und damit sportlichen Verwässerung der Zweiten Liga noch drängender geworden. «Wir brauchen bei der Austria eine Erneuerung. Viele Austrianer haben den Glauben daran verloren, dass der Profiklub seine Ziele erreichen kann. Es braucht eine neue Struktur und neue Impulse», sagt Bernd Bösch, der Frontmann der Putschisten.Nagel und das liebe GeldDoch neben dem fehlenden Führungsgremium gibt es beim Vorarlberger Zweitligisten zudem viele offene Fragen. Dabei steht das Geld im Zentrum. Das Vereinsjahr 2018 schloss Austria Lustenau mit einem Gewinn von 160000 Euro ab. Allerdings ist offen, wann und wie der Verein den laut Nagel ihm zustehenden offenen Betrag von 200000 Euro zurückerstattet. Zudem hat der Ex-Präsident für die laufende Saison eine Bankgarantie von 400000 Euro hinterlegt. Zusätzliche Brisanz erhalten diese Tatsachen dadurch, dass bis Ende Februar die Lizenzunterlagen für die nächste Saison bei der Liga eingereicht werden müssen.«Ich fordere keine sofortige Rückzahlung des Darlehens. Diese Fragen gehören zwar geregelt, aber ich will den Verein nicht vernichten», liess Nagel nach etwas Abstand vom für ihn enttäuschenden Geschehen im «Glashaus» beim Stadion wissen. Ob dort Personen mit Steinen geworfen haben, die nach den Wirren eine Neuorientierung des Vereins einleiten können, wird sich bald herausstellen. Ein würdiger Nachfolger von Nagel, der sogar einen Tag nach seinem Rücktritt bei einem Testspiel «seiner Austria» zugegen war, hat sich in den letzten Tagen allerdings (noch) nicht aufgedrängt.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.