Der über 300 Jahre alte Appenzeller Kalender und der von 1866 bis 1998 erscheinende Häädler Kalender waren in der ganzen Ostschweiz verbreitet. Die bunte Mischung von Kurzgeschichten, neuesten Witzen, der Auflistung aller Vieh- und Jahrmärkte, der Langzeit-Wetterprognose, dem Rückblick auf das Weltgeschehen und dem Behördenverzeichnis war überaus beliebt. Jedes Kalenderexemplar ging durch mindestens ein halbes Dutzend Hände, so dass die Zahl von 500'000 Leserinnen und Lesern eher zu tief angesetzt ist.Lästiger Damenbart, schöne BüsteIn den Kalendern für das Jahr 1922 werden auf gegen zwanzig Seiten unterschiedlichste Produkte und Dienstleistungen angeboten, wobei die Bereiche Schönheit und Gesundheit dominieren. «Schöne Haare durch Mexana», verspricht etwa die Firma Eichenberger aus Lausanne, die auch Mittel gegen lästigen Damenbart und für eine schöne Büste im Angebot hatte. Frauen in guter Hoffnung konnten sich auf das Stärkungsmittel «Rad-Jo» verlassen, das in Apotheken und Drogerien erhältlich war. Die St.Galler Firma Friedrich & Wappler wiederum verschönerte Damen mittels Modewaren, Posamenterien und Mercerieartikeln aller Art.Allerweltsheilmittel GallusbalsamAls Werbeträger hatte auch der heilige Gallus herzuhalten, gab doch die Stern-Apotheke in St.Gallen ihrem Hausmittel den Namen «St.Gallusbalsam». Die Tinktur verhiess bei Gliederschmerzen, Rheuma, Kopf- und Zahnweh sowie Erkältungen rasche Besserung. In die gleiche Kerbe schlägt auch Max Zeller in Romanshorn, der seinen echten englischen Wunderbalsam bei sämtlichen Unpässlichkeiten empfiehlt.Neuer Haarwuchs dank PilositHoffnung bei Haarausfall macht die Uhu AG in Basel, die zum fleissigen Gebrauch des Mittels «Pilosit» anregt, das zu neuen Haaren verhelfe. «Benützen Sie es regelmässig, und Sie werden über den Erfolg überrascht sein», heisst es im entsprechenden Inserat. Weitere Werbefelder versprechen Abhilfe bei Kropfleiden, bei mangelndem Bartwuchs und Magerkeit. Verschiedene Annoncen schliesslich richten sich an Ausreisewillige mit Zielen wie Nordamerika, Kanada, Südamerika und Australien, was angesichts der damaligen, mit Arbeitslosigkeit verbundenen Krise in der Ostschweizer Textilindustrie verständlich ist.