Gert BrudererBlickt Marlis Schlegel von ihrem Reitstall in die Nachbarschaft, sieht sie eine entwurzelte Baumgruppe, um- und eingedrückte Gartenhäuser und einen Schafstall ohne Dach. Als früh am Montagmorgen Marlis Schlegels erwachsene Töchter beim Reitstall eintrafen, hatte nur eine von beiden die grosse Zerstörung wahrgenommen, die der Sturm am Sonntagabend, zwischen acht und halb neun, angerichtet hatte. Sie war nicht wie die Schwester vom Dorf, sondern vom Hard her gekommen. Und hier, zwischen Kanal und Autobahn hatte der Sturm kurz, aber heftig gewütet, entlang der Kolbensteinstrasse und über beide Enden der Kolbensteinstrasse hinaus. Das Schadengebiet komme ihr wie eine Schneise vor, sagt Marlis Schlegel.In 84 Jahren nie so etwas erlebtDer besonders betroffene Nachbar Toni Herrsche sagt, er sei jetzt 84, aber so etwas habe er noch nie erlebt. «En Knall hät’s tue, ‘s Huus hät vibriert, ‘s Liecht isch churz weg gsi.»Der Blitz habe wohl in den Nussbaum eingeschlagen, mutmasst Herrsche. «Uusgseh hät’s wia im Chrieg.»Auf seinem Grundstück hat der Sturm eine gesunde Baumgruppe entwurzelt, ein gutes halbes Dutzend Tannen. Die Gartenhäuser bei diesen Bäumen sind völlig zerstört.Auf Hans Herrsches Grundstück nebenan hat der Sturm das Dach des Schafstalls weggerissen und das Futter zur Hälfte nass werden lassen. Schwiegersohn Patrick Sprenger, gleich daneben zu Hause, hat eine Holzbaufirma und fuhr am Morgen unverzüglich mit dem Kran herbei. Tamara Sprenger, seine Gattin, beschreibt den Moment des Schreckens noch dramatischer als Toni Herrsche.Zusammen mit einem der beiden Söhne habe man in der Stube gesessen, als plötzlich das Licht für einige Sekunden weg war, «dänn hät’s en Chlapf tue», etwas schlug gegen die Hausfassade. «Mer sind so verschrocke», sagt Tamara Sprenger, dass sogar der Punsch verschüttet worden sei. Beim Eingang heruntergefallene Ziegel und das umgeworfene Velohaus erwiesen sich sodann als vergleichsweise geringe Schäden. Besonders froh könne man sein, dass «gottlob» in ganz Montlingen niemandem etwas passiert sei. Vor der Wohnung von Diana Hagmann ist das Dach eines der beiden Koi-Teiche zu Boden gefegt worden, ein Pfosten ist verbogen, ebenso ein grosses Blech.Ein Haus ist jetzt sogar unbewohnbarDie Aufräumarbeiten sind nicht nur hier schon früh in vollem Gange. Den angerückten Journalisten zeigen die Menschen dennoch bereitwillig, was der Sturm angerichtet hat. Die Verblüffung über seine Kraft ist zu gross, als dass es Platz für schlechte Laune gäbe.Entlang der Kolbensteinstrasse sind Dächer beschädigt, Kollektoren herabgestürzt. Remo Egelhofer hat im ersten Moment «an einen abstürzenden Flieger gedacht». Abgesehen von einem Loch in einem der Rollläden, ist an seinem Haus nichts kaputt.Den 14 Ochsen und Rindern Josef Bonts hat der Wind das fest verschraubte Absperrgatter aufgedrückt, so dass sie ausbrechen konnten und der etwas weiter weg, im Dorf wohnende Landwirt sie in den Stall zurückbringen musste. Zum Glück hatte ihn gleich nach dem Sturm seine Versicherung angerufen und gefragt, ob beim Stall alles in Ordnung sei.Jürg Baumgartner, Kolbensteinstrasse 7a, hat nicht nur eine zerstörte Garage, sondern neuerdings auch ein unbewohnbares Haus.Der Wind hat das Dach kurzerhand hochgehoben, viel Isoliermaterial stürzte herab, füllte im oberen Stockwerk ein Bett, ist auf dem Boden verteilt. Zwischen Dach und Haus klafft eine zwar schmale, aber folgenreiche Lücke.Der Oberrieter Gemeindepräsident Rolf Huber kam früh zu Besuch, und Fernsehleute filmten für die Abendsendung «Schweiz aktuell».Ein zweites Team des Schweizer Fernsehens war zur gleichen Zeit weiter westlich, vor Ralph Haltiners Haus an der Arbeit. In der Mittagsausgabe der «Tagesschau» war Montlingen bereits ein Thema.Die Ferienwoche begann sehr kraftvollRalph Haltiner sagt, er habe gerade die Tochter zu Bett gebracht, als es hinter ihm krachte. Im Nebenraum stürzte der ganze Täfer zu Boden.Der Wind hat die Dachsparren aus der Mauer gerissen, und rund ums Haus zeigt sich ein Bild der Verwüstung.«Da hät toa…», sagt Haltiner und scheint es noch immer nicht fassen zu können. Als er nach dem ersten Schrecken in der Küche stand, konnte er in den Himmel blicken.Neben dem Wohnhaus rollte das Dach des einen Stalls «wie eine Walze» auf das Dach des zweiten.Ralph Haltiner hatte sich für diese Woche Ferien genommen, um sich dem Innenausbau seines Hauses zu widmen. «Und jetzt das», sagt er mit leichtem Lächeln. Auch wenn es anders geplant war, Haltiners Humor hat der Sturm nicht zerstört.