04.10.2021

Video: Drei wegweisende Mountainbike-Projekte

MTB Rheintal optimiert bestehende Wege und kann bereits ein Jahr nach der Gründung erste Erfolge vorweisen.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Über 30 Personen aus dem Umfeld des Vereins MTB Rheintal besammelten sich am Samstagmorgen auf der Altstätter Allmend zum Arbeitseinsatz. Erstmals wurden ein Teilstück in Hinterforst, im Gebiet Widenbach, sowie ein weiteres Wegstück unterhalb des Montlinger und Eichenwieser Schwamms bikegerechter ausgestaltet. Weitergebaut wurde am Teilstück Surugge – Landmark – dort begannen die Arbeiten bereits im Mai.[caption_left: Im feuchten Gebiet des Widenbachs wurden Schlammlöcher mit Kies aufgefüllt.]Dabei wurden die klassifizierten Wanderwege – auf solchen ist es Mountainbikern erlaubt zu fahren – so ausgestaltet, dass sich problemlos mit Fussgängern kreuzen lässt. Spitzige Steine wurden entfernt, sumpfige Löcher gefüllt, die selbst gebauten und konstruierten Weideübergänge eingebaut und störende Pfähle versetzt.Zwei verbotene Pfade gesperrtGleichzeitig wurden beim Widenbach und auf dem Trail Richtung Strüssler nicht klassifizierte und damit verbotene Trampelpfade mit einem Zaun gesperrt. Tafeln weisen nun dort auf den offiziellen Waldweg einige Meter neben diesen Pfaden hin. Nebst den Bikern waren auch Mitglieder von Ortsgemeinden, Rhoden und Jagd­gesellschaften im Einsatz und halfen mit. Vorgängig hatten Gespräche mit Eigentümern, den Technischen Diensten der Gemeinden und mit Förster stattgefunden, die teilweise auch Material vor Ort gebracht hatten. Theo Dietschi, Obmann der Jagdgesellschaft Haderwald, erklärte auf dem nun gesperrten Abzweiger von der Montlinger Schwammstrasse: «Oft wurden solche Wege im Gelände als Viehtrieb, zum Holzziehen oder einfach als Abkürzung genutzt.» Der Abzweiger an der Schwammstrasse führe durch das Waldreservat und gehöre zum Ruhegebiet für Wild, so Dietschi.  Druck von den heiklen Gebieten nehmen«Wir hoffen, dass jetzt keine Mountainbiker mehr durchfahren», sagt Dietschi. Und weiter: «Wir bieten gerne Hand, wenn sich die Biker dann auch auf den extra ausgeschilderten Pfaden bewegen.» [caption_left: Vor dem gesperrten Weg wird auf den offiziellen Trail hingewiesen: In Bikerkreisen auch als "Hannibal" bekannt.]Deswegen sei dies auch ein Versuchsstück, ob sich so Druck von heiklen Gebieten nehmen lasse.» Viel bewegt in einem JahrWie der MTB Rheintal arbeite und auf die anderen Parteien zugehe, sei vorbildlich, äusserte sich Adrian Stäuble von der Bikernetzwerk AG. Die Firma aus dem Sarganserland ist spezialisiert auf Routenentwicklungen. Sie hat auch ein Beratermandat bei der Mountainbike-Strategie inne, das nun auf Kantonsebene ausgearbeitet wird (siehe Kasten). Auch Jürg Buschor, Co-Präsident von MTB Rheintal, freut sich über den Arbeitstag, der auch so etwas wie ein Geburtstagsgeschenk ist: «Wir haben den Verein vor einem Jahr gegründet. Dass wir nun bereits drei Teilstücke in drei unterschiedlichen Gebieten bike­gerecht sanieren konnten, ist grossartig.»[caption_left: Im feuchten Gebiet des Widenbachs wurden Schlammlöcher mit Kies aufgefüllt.]Man habe erwartet, dass es viel länger dauern werde, bis man effek­tiv im Gelände arbeiten könne. Es zeigt aber auch, wie hoch der Druck ist. Seit Jahrzehnten nimmt die Anzahl der Mountainbiker zu, ohne dass sie in eine Waldentwicklungsplanung miteinbezogen wurden.  Einen kräftigen Schub gab es nochmals in den letzten Jahren durch das Aufkommen der E-Bikes, die auch weniger Trainierte ins Gelände locken. Ein Problem war stets, dass auf Bikerseite Ansprechpersonen fehlten. Die verschiedenen Kooperationen im Wald wussten gar nicht genau, was Mountainbi­ker eigentlich wollen: Nämlich Trails, Waldwege, die bergab interessant zu fahren sind. «Solche Abfahrtswege zu kanalisieren ist natürlich auch im Inte­resse der anderen Beteiligten», sagt MTB-Co-Präsident Alex Gamper, der von der Zusammenarbeit positiv überrascht ist. «Wir besprechen die Projekte konstruktiv und es wird sogar mitgeholfen oder Material zur Verfügung gestellt.» Leuchtturmprojekte mit StrahlkraftDaher kann man bei den drei Teilstücken tatsächlich «von Leuchtturmprojekten mit Strahlkraft über die Region hinaus» sprechen, wie Jürg Buschor sagt. Vor allem deshalb, weil sie von der Basis her realisiert wurden. Die beteiligten Parteien kennen eben «ihren» Wald und wissen, was sie wollen und brauchen. Diese Teilstücke sind zwar gute Beispiele, wie mit relativ wenig Aufwand viel bewegt werden kann – bis es aber vollständige Routen vom St. Anton, dem Hirschberg und dem Montlinger Schwamm ins Tal hinunter gibt, wird noch einiges Wasser den Widenbach hinun­ter fliessen.Leitplanken auf kantonaler Ebene sind wichtigMit 100:3 Stimmen nahm der Kantonsrat im Frühjahr die überparteiliche Motion «SG braucht eine Mountainbike-Strategie» an. «Ich erhoffe mir, dass die Regierung klare Leitplanken setzt und dabei eine faire Interessensabwägung vornimmt», sagt Theo Dietschi, Obmann der Jagdgesellschaft Haderwald. Man biete von ihrer Seite gerne Hand zu Lösungen, etwa für Bikerwege. Im Gegenzug wolle man aber, dass beispielsweise Wild-Ruhegebiete respektiert und wenn nötig, Fehlbare auch mit Kontrollen und Bussen ermittelt und bestraft würden.  Klare Regeln wünscht sich auch Adrian Stäuble, Projektleiter der Bikernetzwerk AG. Das Ziel müsse sein, dass Mountainbiker bei der Ausübung ihres Sports nicht in die Illegalität abdriften. «Dafür muss zuerst anerkannt werden, das Mountainbiker Bedürfnisse haben», sagt Stäuble. Die aktuelle Ausschilderung von Mountainbike-Routen (rote Tafeln) betreffen zu rund 90 Prozent befestigte Strassen. Um hochzufahren, sind sol­che Wege in Ordnung, hinunter wünscht sich der Mountainbiker jedoch unbefestigte Wege. «Es ist sicher sinnvoll, wenn die bestehende Infrastruktur der Wanderwege unter bestimmten Kriterien auch von Bikern mitbenutzt werden kann», sagt Stäuble. Das Angebot in einem Gebiet müsse verschiedene Routen beinhalten. «Ideal wäre, wenn auch eine Piste dabei wäre, das heisst eine Strecke, auf der nur Mountainbiker unterwegs sind und auf der es beispielsweise auch bewusst gestaltete Steilwandkurven und Schanzen hat. Biker sind eine heterogene Gruppe mit unterschiedlichen Bedürfnissen.» Man wisse, dass in manchen Regionen etwa gleich viele Einwohner hobbymässig mit dem Mountainbike unterwegs seien, wie andere in Fussballclubs aktiv seien. «Auch von daher müsste das Wegnetz von den Gemeinden finanziell mitgetragen und vom Kanton unterstützt werden», sagt Adrian Stäuble. 

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