14.10.2021

Video: «Das Balgacher Flair hat mir gutgetan»

Der Synthpop-Posterknabe meldet sich mit zuckersüssen Synthesizerklängen zurück.

Von Interview: Sara Burkhard
aktualisiert am 03.11.2022
Alexander Frei alias Crimer hat Neues am Start: Nach Schweizer Hitparadenplatzierungen und dem Preis für das beste Schweizer Musiktalent 2018, erscheint mit «Fake Nails» heute seine zweite Langspielplatte. Wir haben beim Musiker mit Balgacher Wurzeln nachgefragt, was den Hörer erwartet.Alexander Frei, Ihr neues Album wurde in London aufgenommen, warum?Crimer: Ein Album zu produ­zieren, ist immer ein Krampf. Ich schreibe alle meine Lieder selbst, aber für einen letzten Schliff und etwas Weltperspektive bin ich immer um ein extra Paar Ohren froh. Und in London fand ich einen Produzenten, mit dem ich mich super gut verstand und der tolle Ideen hatte. London, das hört sich nach Glamour an ...Das Ganze hatte Null mit Glamour zu tun! Alles war unglaublich grau und es hat die ganze Zeit geregnet. Ausserdem hat alles in einem kleinen Reihenhäuschen stattgefunden. Da wohnte der Produzent mit seiner Familie. Und in seinem Wohnzimmer standen ein paar verstaubte Synthesizers rum. Sie haben das Ganze im  Wohnzimmer produziert?Genau! Irgendwann sagte der Produzent: «Morgen gehen wir in ein anderes Studio, um deinen Gesang aufzunehmen». Endlich ein richtiges Londoner Studio, dachte ich! Am Tag darauf sind wir aber wieder zu jemandem nach Hause, der in seinem kleinen Gärtchen ein winziges Häuschen stehen hatte – und da drin ein Mikrofon. Zuerst dachte ich, es sei ein schlechter Scherz, doch diese Leute hatten tatsächlich bereits Musikgrössen wie Mick Jagger oder die Foo Fighters produziert. Da merkte ich, die haben einfach keinen Platz in London, da ist man in der Schweiz ziemlich verwöhnt.Ist Ihnen während der Produktion ein Track gelungen, auf den Sie speziell stolz sind?Ich verstecke mich gern hinter melancholischen Tönen. Zu diesen kann ich leichter stehen und auch live auf der Bühne ist es  für mich einfacher darzubieten. Deshalb bin ich auch sehr stolz darauf, wenn ich es mal schaf­- fe, etwas fröhlichere Lieder zu schreiben. Ein solcher Track ist «Never Enough». Der Song klingt fröhlich – die Geschichte dahinter ist aber eigentlich ziemlich bitter. In dem Song singen Sie davon, eine Webcam an­zünden zu wollen.Exakt, denn mit 15 Jahren lernte ich online eine sehr nette, ex­trem attraktive junge Dame kennen und chattete ausführlich mit ihr. Ich gab ihr unter anderem via meiner Webcam Zugang zu meinem Zimmer. Ich habe nie rä­soniert, dass sie ihre Webcam nicht anschalten wollte. Jahre später dämmerte mir mit Schrecken, dass hinter dem Computerbildschirm auf der anderen Seite wohl keine hübsche Dame, sondern eher ein wüster Internet-Grüsel steckte. Sehr persönlich also und auch eine Art Abrechnung.Sie haben als Künstler schon einiges erlebt. Wie viel Balg­ach steckt noch in Ihrer Musik?Kürzlich spielte ich in Vaduz und traf einen ehemaligen Klassenkameraden aus der Kantizeit. Er meinte, ich sei noch genau der gleiche «alte Depp» wie schon  zu Schulzeiten. Das nahm ich als schönes Kompliment an. Es freute mich, denn ich glaube an das Balgacher, an das Rheinta­ler Flair. Dieses bodenständige Balgachertum hat mir im manchmal irren Musikzirkus gut getan. Live spielt Crimer am 12. und 13. November im Palace, St. Gallen. 

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