03.09.2019

Vertrauen ist nicht vernünftig

Einer Bank könne man vertrauen, meinte Hirnforscher Lutz Jäncke am 7. Biene Forum im Widnauer Widebaumsaal.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
«Ist unser Gehirn vernünftig?», fragte Lutz Jäncke am Dienstagabend die 230 Kundinnen und Kunden der Clientis Biene Bank im Rheintal. Gleich zu Beginn verneinte der Hirnforscher die rhetorische Frage: «Wir können gar nicht vernünftig sein.»Urs Schneider (Leiter Privatkunden) hatte kurz zuvor gesagt, dass alle Anwesenden vernünftig sein müssten. «Sonst würden Sie keine Geschäfte mit uns machen.»In den folgenden fünfzig Minuten wartete der aus dem deutschen Düsseldorf stammende und in Zürich lebende sowie arbeitende Referent mit einer Fülle an Begründungen auf. Er erklärte, dass das Gehirn anders funktioniert, Menschen individuell im Denken, Fühlen und Handeln sind: «Wem gebe ich mein Kind in Obhut? Wem lege ich mein Vermögen in die Hand? Es sind Menschen, denen ich vertraue.» Und Vertrauen ergibt sich aus positiven Erfahrungen, die das Gehirn mit anderen Menschen registriert hat.Das Gehirn gerät ausser Rand und BandZeigt man zwei Menschen das C aus dem Logo der Firma Coca Cola, können sie auf ein und denselben Reiz vollkommen anders reagieren. Der blosse Anblick weckt alle Erinnerungen, die sie bisher mit dem Getränk gesammtelt haben. Das Gehirn eines Coca Cola-Fans befindet sich innert 200 bis 300 Millisekunden ausser Rand und Band. «Und dies bevor ihm bewusst ist, eine Cola-Dose gesehen zu haben.»Der Drang die Getränkedose besitzen zu wollen, sei nicht logisch erklärbar. Er entsteht, weil das Lustzentrum im Gehirn des Fans aktiviert worden ist. Jemand, der das Getränk nicht mag, entwickelt keine Lust. Der Vorgang läuft unbewusst und automatisch ab.Lutz Jäncke nannte das Gehirn ein faszinierendes Interpretationsorgan. Es verwendet seine Energie darauf, vorhandene Informationen mit neuen zu verknüpfen. «Das Gehirn errechnet ständig ein neues Weltmodell.»  Es wiegt 1,2 bis 1,4 Kilogramm nimmt 2 Prozent des Körpervolumens ein und benötigt in Ruhe ein Fünftel des Energiehaushaltes. Zum angestrengten Denken braucht es etwa zwei bis drei Prozent mehr Energie. «Wir können durch Denken nicht dünn werden», schlussfolgerte Lutz Jäncke.

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