07.06.2019

Vertrauen ist gut

«Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser», wer kennt es nicht, das alte Sprichwort. Und es scheint in vielen Lebenssituationen ein guter Ratgeber zu sein. Denn wie oft hört man, wo Menschen vertraut haben und dann doch übers Ohr gehauen wurden.

Von Jens Mayer
aktualisiert am 03.11.2022
Vertrauen ist gut, aber es wirkt oft ein wenig einfältig. Wie gross ist Ihr Vertrauen? Sind Sie eher ein vertrauensvoller, gar vertrauensseliger Mensch oder doch eher skeptisch und vorsichtig? Wir in der Schweiz lieben die Kontrolle, weil sie uns ein Gefühl der Sicherheit verschafft.Und doch ist Vertrauen ein Urgefühl des Menschen. Als Baby und Kind vertrauen wir unseren Eltern, dass sie schon gut für uns sorgen. Ohne Vertrauen kann keine Freundschaft und keine Beziehung bestehen. Und wenn man in einer Beziehung anfängt, alles zu kontrollieren, dann wird diese nicht lange halten können. Wir sind also auf Vertrauen angewiesen, damit unser Zusammenleben überhaupt funktionieren kann. Und das gilt auch in vielen anderen Bereichen des Lebens, gerade dort, wo wir auf gemeinsame Regeln und Grundwerte angewiesen sind. Wir vertrauen im Strassenverkehr darauf, dass Autos auf der Strasse und Fussgänger auf dem Trottoir unterwegs sind. Ohne Vertrauen in solche allgemein gültigen Regeln könnten wir als Gesellschaft gar nicht funktionieren. Das zeigt auch, das Vertrauen Regeln und Stabilität braucht, um wachsen zu können.Vertrauen ist also etwas, das zunächst einmal gar nichts mit Glauben zu tun hat. Aber gerade unser Glaube kommt nicht ohne Vertrauen aus, dies wird zum Beispiel sichtbar in der Pfingstgeschichte. Im Lukasevangelium wird berichtet, dass die Jünger an Auffahrt noch vollkommen euphorisch waren und vertrauensvoll auf Jesu Worte lauschten. Doch an Pfingsten ist davon nichts mehr zu spüren. Sie haben nur noch Angst und verstecken sich verzagt in ihrem Haus. Haben sie Jesus etwa zu viel vertraut, hat er sie im Stich gelassen?Sie befinden sich in der grössten Glaubens- und Vertrauenskrise ihres Lebens, als der Heilige Geist über sie kommt und diese Krise durchbricht. Sie werden frei von ihrer Furcht und beginnen von Jesus zu erzählen. Und hier durchbricht religiöses Vertrauen eine Grundmaxime des Vertrauens: Es setzt nicht auf Stabilität in dieser Welt, sondern setzt auf die göttliche Stabilität.Egal wie sehr es in dieser Welt und in diesem Leben drunter und drüber geht, innerhalb meines Glaubens darf ich darauf vertrauen, dass Gott mich und mein Leben über die aktuelle Krise hinausführt.Jemanden oder etwas zu vertrauen macht mich nicht automatisch zu einem gläubigen Menschen, aber nicht das Vertrauen schafft den Glauben, sondern der Glaube schafft das Vertrauen, in dem wir leben – und auch sterben dürfen.Und es trägt mich sogar über den Tod hinaus.Jens MayerPfarrer in Balgach

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