03.12.2018

Verirrter Steinbock war auf Brautschau

Ein Steinbock auf ungewohntem Terrain erregte in den letzten Tagen Aufsehen. Die Brunftzeit hat das Wildtier vom Alpstein bis in die Ebene getrieben.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
«Zuerst vermutete ich eine Verwechslung», sagt Silvan Eugster, Wildhüter der Region Rheintal-Werdenberg, als letzten Donnerstag die ersten Meldungen über den Steinbock eingingen. Eher könnte es sich um einen Gamsbock handeln. Doch als die Beschreibungen deutlich auf einen Steinbock hinwiesen, war er überrascht. «Es ist aussergewöhnlich, dass Steinböcke bis in die Ebene kommen.» In den folgenden Tagen zeigte sich das Wildtier in der Umgebung von Oberriet. Es bewegte sich unter anderem entlang der Bahnlinie und löste sogar einen Polizeieinsatz aus. Der Steinbock geriet in die Gefahrenzone der Autobahn A13, wo ihn eine Patrouille von der Fahrbahn wegscheuchen musste. Zuletzt wurde der Steinbock auf dem Gelände der Ruine Blatten gesichtet, wo er zwischen Mauern und Steinen kletterte.Zu weit ins Tal gewandertSilvan Eugster ordnet den Steinbock der Alpstein-Kolonie zu, die 160 bis 180 Tiere umfasst und die sich im Gebiet um den Säntis, Altmann und Hundstein bewegt. Der Bock dürfte über die Staube­ren, Hoher Kasten und Kienberg nach Oberriet gelangt sein, getrieben von der Suche nach einem Weibchen. «Im November sind die Tiere auf der Vorbrunftwanderung», sagt der Wildhüter. Während des Jahres lebt das Steinwild in getrenntgeschlechtlichen Rudeln und findet jeweils zur Brunft zusammen, die im Dezember beginnt. Der Steinbock wirkt gesund und dürfte zwischen sechs bis acht Jahre alt sein, schätzt Silvan Eugster. Wer dem Tier begegnet, solle den Anblick respektvoll aus genügend Distanz geniessen, empfiehlt der Wildhüter. «Der Steinbock braucht Ruhe, damit er den Weg alleine zurück in sein Rudel findet.» In Stresssituationen könne das Tier in Panik geraten, was in den dicht besiedelten Gebieten gefährliche Folgen mit sich bringt. Auch wenn es ungewöhnlich ist, einen Steinbock im Tal anzutreffen, so kam es doch schon vereinzelt vor. Eugster ist seit 2014 als Wildhüter in der Region tätig und erinnert sich an zwei Vorfälle.«In Lienz streifte schon einmal ein Steinbock im Wald herum, ein anderes Mal wurde ein Steinbock im Waldgebiet zwischen Oberriet und Eggerstanden beobachtet.» Den jüngsten Vorfall möchte er nun ruhen lassen. Am Sonntag suchte er am Blattenberg nach Spuren des Steinbocks, konnte ihn aber nicht sehen. «Man darf davon ausgehen, dass er sich nicht wohlfühlte und sich auf dem Rückzug befindet.»Hildegard Bickel

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