20.12.2021

Verhaftung ist «schönstes Geschenk»

Blinde Zerstörungswut Ende September, Happy End kurz vor Weihnachten: Der Mann, der den Anschlag auf einen Sattelschlepper der Firma Autohilfe Sieber in Altstätten verübte, ist nun gefasst.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Der Diepoldsauer Jungunternehmer Philip Hutter war nach dem Anschlag «erschüttert und fassungslos»: So äusserte er sich auf Facebook zum «heimtückischen und brutalen Anschlag». Die Kantonspolizei schrieb in ihrer Medienmitteilung, die Namenstafel des Chauffeurs, ein Navigationsgerät und das Kontrollschild seien gestohlen und am Fahrzeug massiver Sachschaden angerichtet worden.[caption_left: Diverse Scheiben und Beleuchtungseinheiten wurden mit einem Feuerlöscher eingeschlagen.]Sattelschlepper blindwütig zerstörtDer Täter zerstach die Reifen des Sattelschleppers, nahm einen Feuerlöscher vom Fahrzeug und schlug damit mehrere Scheiben und die Lichteinheiten ein. Ausserdem durchschnitt er mehrere Kabel und zerkratzte die Karosserie. Auch der Motor wurde weitgehend beschädigt, indem der Täter ungeeignete Flüssigkeiten hineingoss.[caption_left: Zerrissenes Leder.]Der am Fahrzeug angerichtete Sachschaden beläuft sich nach Angaben der Polizei auf mehrere Zehntausend Franken, für Philip Hutter ist der Schaden aber sehr viel höher, weil er den Sattelschlepper nicht mehr benützen konnte und entsprechende Ertragsausfälle hinzunehmen hatte.Nun ist der Täter gefasst. Das erleichtert den Unternehmer, der im Februar den 26. Geburtstag feiern kann. Er spricht von einem «Happy End kurz vor Weihnachten».«Kriminalistische Meisterleistung»Über ihren Ermittlungserfolg hat die Polizei den Geschäftsinhaber letzte Woche in Kenntnis gesetzt. Philip Hutter spricht im neuen Post auf Facebook von einer «höchst erfreulichen Nachricht»; diese sei für ihn und seine Firma «das schönste Geschenk». Mit viel Ausdauer und Spürsinn habe die Polizei den Täter gefunden.Es handelt sich um einen etwa 25-jährigen Mann aus der Region. Er soll geständig sein. Hutters Facebook-Post enthält den Dank an die Kantonspolizei für ihre «kriminalistische Meisterleistung». Der Zeugenaufruf soll hilfreich gewesen sein.Der Unternehmer sagt, er sei verleumdet wordenDer Ermittlungserfolg ist für Philip Hutter umso wichtiger, als er stark verleumdet worden sei. Nach der Tat habe er sogar Sätze wie diesen hören müssen: «Häsch’s nötig, dini Auto selber kaputt z’mache?» Auf Facebook nennt der Jungunternehmer Hass, Neid und Missgunst als Motive für die Tat. Auch sonst sei er unverständlicherweise schon angefeindet worden. Einerseits betrübt ihn das, andererseits wertet er es als Zeichen, unternehmerisch auf dem richtigen Weg zu sein.Philip Hutter, gelernter Chauffeur, der zwei Jahre für Bus Ostschweiz tätig war und sich zum Fahrinstruktor weiterbildete, erlebt die unternehmerische Tätigkeit als herausfordernd. Nicht nur gesellschaftlich im Vordergrund stehende Branchen würden von der Pandemie geschädigt, sagt Hutter; auch seine Firma und viele andere, an die kaum gedacht werde, seien betroffen.Hinzu komme in seinem Fall das Desinteresse der lokalen Konkurrenz an kooperativem Wirken.Als er per 1. August 2020 sein Unternehmen gegründet und auch einen Pannendienst betrieben habe, sei dieses ergänzend gemeinte Angebot regional auf wenig Gegenliebe gestossen. Deshalb habe er auf den Pannendienst dann doch schweren Herzens verzichtet.Hutter holt Fahrzeuge aus dem Ausland zurückPhilip Hutters Geschäftstätigkeit gründet auf Verträgen mit Versicherungsgesellschaften, für die er Fahrzeuge aus dem nördlich und östlich gelegenen Ausland zurückholt. Dies macht 95 Prozent des Umsatzes aus, der marginale Rest stammt aus dem Inland.Als Spezialität des Unternehmens nennt Philip Hutter die hierzulande seltene Möglichkeit, bis auf eine Höhe von drei Meter achtzig laden zu können. Dem Jungunternehmer stehen zwei Lastwagen plus Spezialanhänger zur Verfügung. Der Ende September zerstörte Iveco Scuderia Ferrari XP 570 sei das Flaggschiff gewesen. Der derzeit im Einsatz stehende zweite Lastwagen wird nächstes Jahr durch ein neues Spitzenfahrzeug ersetzt.Gearbeitet wird zu dritt, Philip Hutter ist der alleinige Eigentümer. In gewisser Weise ist er als Nachfolger seines Stiefvaters tätig, der vor knapp einem Jahrzehnt schwer erkrankte und sich «ins Leben zurückkämpfen musste», wie Hutter sagt. Heute ist sein Stiefvater bei ihm als Chauffeur angestellt. Die Vorgeschichte erklärt, weshalb der Nachname des Stiefvaters den Firmennamen prägt.Der Geschädigte verzeiht dem TäterPhilip Hutter sagt, er sei kein nachtragender Mensch. Obschon er unter der Zerstörung seines Flaggschiffs stark gelitten habe, verzeihe er dem Täter, den er kennt. Natürlich kommt der Täter aber nicht darum herum, für den angerichteten Schaden geradezustehen. Hutter sagt, er habe auch denjenigen verziehen, die ihm und seiner Firma Schlechtes gewünscht hätten. Und er fügt hinzu: Bevor man über jemanden ein Urteil fälle, sei es unerlässlich, den Betreffenden zu kennen oder wenigstens mit ihm zu reden.  

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