22.07.2021

Vereinskasse verzockt

Die Spielsucht wurde einem 37-Jährigen in Vorarlberg zum Verhängnis.

Von Christiane Eckert
aktualisiert am 03.11.2022
Spielsucht ist für Menschen, die Spielen nichts abgewinnen können, schwer verständlich. Für andere, die ihr erlegen sind, ist sie ein Riesenübel und schwer in den Griff zu bekommen. «Ich habe viel zu spät gesehen, wie hoch der von mir angerichtete Schaden ist und viel zu spät erkannt, dass man ohne professionelle Hilfe aus dieser Sucht nicht mehr alleine rauskommt», entschuldigt sich der 37-jährige Angeklagte für das Chaos, das er ausgelöst hat.Seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Daniel Wolff, gelang es, den Schöffensenat davon zu überzeugen, dass in diesem Fall «tätige Reue» vorliegt. Eine rechtliche Bestimmung, die nur sehr selten zum Tragen kommt. Doch in dieser Causa verhalf sie dem einst Spielsüchtigen zu einem Freispruch. Er und seine Familie sind erleichtert. Der Angestellte ist mittlerweile in Therapie, seine Vereinsfunktion als Obmann legte er damals sofort zurück. In elf Monaten des vergangenen Jahres hatte der damalige Obmann des Vorarlberger Kulturvereines insgesamt rund 186000 Euro vom Vereinskonto abgezweigt und in Internetcasinos verspielt. Doch er gewann auch und überwies die Gewinne dann wieder zurück. Schliesslich klaffte Ende des Jahres aber doch ein beträchtliches Loch in der Vereinskasse von über 20000 Euro.Der Vizeobmann stellte ihn zur Rede, der Spielsüchtige räumte seine Schuld ein und erklärte sich bereit, bis zum Jahresende den gesamten offenen Betrag zurückzuerstatten. Noch am selben Tag bat er mehrere Verwandte und Freunde, ihm mittels privater Darlehen auszuhelfen, was diese auch taten.Im Schnitt liehen die Hilfsbereiten dem Mann je 4000 Euro. Der Angeklagte zahlt bei allen Geldgebern regelmässig seine Raten zurück, er hat einen fixen Job und alles klappt reibungslos.Dem Verein entstandkein SchadenDer Verein wurde ebenfalls schadlos gehalten, weil der gesamte, noch ausständige Betrag umgehend zurückerstattet wurde. Die rechtliche Frage war nun, ob diese Vereinbarung zur Schadensgutmachung so «rechtzeitig» getroffen worden war, dass sie den Angeklagten auch straffrei macht.Vorsorglich eine höhere WiedergutmachungHier wurde akribisch nachgeforscht, was konkret ausgemacht wurde, welche Zahlungsziele und welche Beträge fixiert wurden. Das Problem war, dass der genaue Schaden noch nicht feststand. Doch der Angeklagte hatte sich vorsorglich zu einer höheren Wiedergutmachung bereit erklärt, als dann schliesslich notwendig war. Und zwar, bevor polizeiliche Erhebungen stattfanden.«Was hätten Sie noch machen sollen?», begründet Richter Christoph Stadler den Freispruch. Somit «Ende gut, alles gut», Verteidiger und Freigesprochener strahlen, der Beschuldigte bleibt ohne Verurteilung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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