Als Albert Egger noch im Erwerbsleben stand, war er Ausbilder bei den SBB. Heute setzt der 74-Jährige sein Wissen um Didaktik und Methodik ein, um geflüchteten Menschen die Integration in die Gesellschaft zu erleichtern. Albert Egger ist Mitbegründer eines Projekts, für das der Verein Vitas im Mai eine hohe Auszeichnung bekommen hat: Der Quartiergarten bei der Zollbrücke in Au hat den Kantonalen Prix Benevol gewonnen. «Die Idee, dass wir mit Migrantinnen und Migranten einen Garten angelegt haben und ihnen die deutsche Sprache vermitteln, überzeugte die Jury», sagt Albert Egger. «Man hat nur für uns die Kategorie Innovation geschaffen.»Nach einem guten Start kam der Dämpfer«Meine Erfahrung ist, dass Geflüchtete nicht mehr in der Gemeinde präsent sind, sobald sie aus der Quartierschule ausgeschieden sind», sagt Albert Egger. Er weiss nicht, warum das so ist, ob sie sich vielleicht schämen. Mit dem Quartiergarten hat Vitas einen offenen Raum geschaffen. Niemand muss dort etwas Bestimmtes leisten, und die Kinder können spielen oder mit den Erwachsenen gärtnern.Das Projekt lief gut an. Vierzehn Freiwillige unterrichteten Deutsch. Doch bald kam ein Dämpfer. In der Pandemie durften viele von ihnen zunächst keine Einsätze leisten, dann reisten weniger Migrierte ein, und die Zahl der Kurse nahm ab. Es zog wieder an, als im August 2021 Geflüchtete aus Afghanistan ins Rheintal kamen. «Und in diesem Jahr müssen Ukrainerinnen und Ukrainer flüchten», sagt Albert Egger.Auch bei ihnen ist Vitas aktiv. Seit Mai erteilt der Verein im Auftrag der Sozialen Dienste der Gemeinden Au und Balgach einen Deutschkurs. Zurzeit besuchen ihn zwölf geflüchtete Menschen, sechs pensionierte und sechs im Alter von 25 bis 40 Jahren. Doch es fehlt an Lehrpersonen. Alter und Gesundheit trugen zur Verkleinerung des Teams bei. Stand heute sind es noch drei Freiwillige.Mit der Ehre der Auszeichnung ist der Auftrag verbunden, das innovative Projekt fortzuführen. «Den Prix Benevol haben wir für unsere Arbeit vor der Pandemie bekommen», sagt Albert Egger. Um weiter wirken zu können, braucht der Verein nicht etwa eine weitere Unterstützung vom Kanton oder einer Gemeinde. «Wir brauchen sie von der Bevölkerung.» Die Menschen im Rheintal hätten sich bereits solidarisch gezeigt, Kleider und Geld gespendet. «Jetzt wäre es schön, sie stellten ihre Zeit zur Verfügung.»Zwei Stunden pro Woche spielen und diskutierenVier Stunden sind es jeden Tag, die Albert Egger in den «Kampf gegen die Ungerechtigkeit» investiert. Er ist pessimistisch, was den Krieg in der Ukraine angeht, will aber aktiv bleiben und nicht wegen eines Ohnmachtsgefühls erstarren. Er wünscht sich, Menschen zu motivieren, eine oder zwei Stunden in der Woche mit Menschen aus der Ukraine zusammenzusitzen, mit ihnen zu reden und zu spielen. «Mehr braucht es nicht und das Lehrmittel ist parat.»Vitas arbeitet mit den LieLa-Deutschkursen. Liechtenstein-Languages hat sie entwickelt und der Kanton St. Gallen im Jahr 2018 übernommen. Das Prinzip ist simpel: Ein Kleinkind erlernt seine Muttersprache im Spiel.Dem Prozess ähnlich schlüpfen Erwachsene zu Beginn einer Lektion in eine Rolle. So erlernen sie die fremde Sprache nicht als ein geflüchteter Mensch, sondern als eine andere Person. «Mich fasziniert die natürliche Art, eine Sprache zu erlernen. Ich spreche mit den Teilnehmenden so, wie meine Mutter mit mir gesprochen hat», sagt Albert Egger.Das Ziel des Kurses ist, dass die Geflüchteten lernen, sich im Alltag zu verständigen, sich beim Einkaufen zurechtfinden und alleine Bus fahren zu können. «Wir wollen sie dazu animieren, zu sprechen.» Es gibt keine Prüfung und die Grammatik ist zweitrangig. Intensivkurse bietet der Verein Vitas nicht an. Diese decken andere Anbieter ab. Sie sind für Menschen geeignet, die studieren möchten oder bereits eine Qualifikation in ihrer Heimat erlangt haben.«In der Schule sind alle fröhlich, sie dürfen eine Rolle spielen und müssen nicht an ihre Heimat denken.» Die Teilnehmenden können abschalten und verbinden es mit guten Erlebnissen, wenn sie Deutsch sprechen. «Ich bin glücklich, wenn ich das vermitteln kann», sagt Egger.Hinweis: Wer den Verein Vitas mit seiner Zeit unterstützen möchte, kann ohne Anmeldung montags, mittwochs und freitags zwischen 8 und 11.15 Uhr im Werkhofsaal Au reinschauen.