27.05.2022

Vater, Musiklehrer und Fäaschtbänkler

Seit 14 Jahren tourt Roman Pizio mit der Band Fäaschtbänkler durch Österreich, Deutschland und die Schweiz.

Von Selina Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Die Fäaschtbänkler sind in­ternationale Stars. Sie spielen Konzerte im deutschsprachi­gen Raum oder im Fernsehen vor Millionenpublikum. Ihre Videos auf  Youtube schauen sich Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern an. Die Kommentare verraten, wie gut die Fäaschtbänkler gefallen. Jemand schreibt: «Das war unglaublich! Grössten Respekt, grosse Talente, Wahnsinnsidee! Grosses Kino!»Die Fäaschtbänkler sind fünf Männer aus Kriessern, Eichberg, Marbach – und Oberegg. Trompeter Roman Pizio wuchs im Innerrhoder Bezirk auf und lebt seit zwei Jahren wieder dort. Gemeinsam mit seiner Frau Irene und seinem Sohn Gino wohnt er in einem modernen Einfamilienhaus. Das zweite Kind ist unterwegs. Die Statue eines Trompeters vor dem Eingang verrät, dass hier ein Musiker wohnt. Pizio sagt: «Oberegg ist eine Trompeten-Hochburg.»Frühe Freude an der TrompeteSchon als Kind war er fasziniert von der Musik. Der Vater spielte das Flügel- und das Tenorhorn. Pizio machte seine ersten musikalischen Erfahrungen auf dem Xylofon und einem batteriebetriebenen Keyboard. Von der Freude an der Trompete angesteckt wurde er wohl an einer Abendunterhaltung der Musikgesellschaft Oberegg, in der sein ehemaliger Trompetenlehrer Adrian Eugster mitwirkte. Mit sieben Jahren erhielt er durch Eugster seinen ersten Trompetenunterricht. Heute sind Eugster und Pizio Nachbarn in Oberegg.Lehrer förderten den jungen Trompeter früh, und fanden, er habe das Zeug zum Berufsmusiker, erzählt Pizio. Für ihn war klar: «Ich will nicht länger als nötig in die Schule.» So zog es ihn nach Feldkirch ans Vorarlberger Landeskonservatorium, das keine Matura für das Musikstudium verlangte. Dort traf er seinen heutigen Bandkollegen Andreas Frei. Die beiden verstanden sich und trafen sich häufig zum gemeinsamen Musizieren. «Schnell war klar, dass wir dieselbe Sprache sprechen und dass es bei uns wohl nicht der klassische Werdegang sein wird.»2008 besuchte Pizio eine erste Probe der Fäaschtbänkler, die sich erst ein halbes Jahr davor gegründet hatten. Seit 14 Jahren stimme die Chemie. Pizio lacht und sagt: «Wie in einer Beziehung wird es immer besser.» Unterdessen ist die Truppe der Fäaschtbänkler gewachsen. Heute sind sie mit Tontechniker, Lichttechniker und zwei Fahrern unterwegs.Die Fäaschtbänkler machen unbeschwerte Musik für alle, sagt Roman Pizio. «Für mich war das ein riesiges Geschenk, denn musikalisch machen sie genau das, was mir zusagt.» Sie gehören ins Genre moderne Volksmusik. Bei den Fäaschtbänklern bedeute das, dass ihre Instrumente mit Akkordeon, Klarinette und Mundharmonika eher volkstümlich sind. Die Stücke bewegen sich querbeet durch verschiedene, auch moderne Genres.Die Musik fand Anklang. Erst spielten sie Coverversionen, 2012 folgte das erste Album mit eigenen Kompositionen. Getourt wird in der Schweiz, in Österreich und Deutschland. Pizio sagt: «Natürlich braucht es immer Glück. Aber ich glaube, durch unsere Instrumentalisierung konnten wir uns von anderen Bands abheben. Wir haben einen Nerv getroffen.» Vor der Pandemie spielten die Fäaschtbänkler rund 80 Shows im Jahr: «Das ist die Obergrenze, die sich für uns gut anfühlt.»Die Instrumente trafen einen NervDie grössten Auftritte hatten sie 2015 am «Musikantenstadl» in Oberwart oder mehrfach am «Woodstock der Blasmusik» im Innkreis in Österreich. Pizio sagt: «Leute denken oft, die grössten Auftritte sind die schönsten. Mir fällt es aber oft schwer, diese Shows richtig wahrzunehmen. Allein der Pegel der Masse erschlägt einen fast.» Besonders nach dem ersten Konzert am «Woodstock», sei er mit den Nerven am Ende gewesen. «Die Routine und der Anblick der begeisterten Fans jedoch gibt dem Ganzen ein gutes Gegengewicht.» Überhaupt sei der Austausch mit den Menschen auf der Tour der wohl schönste Nebeneffekt des ganzen Projekts Fäaschtbänkler.Gerade während der vergangenen zwei Jahre hat Pizio dieser Austausch gefehlt. «Mir fiel die Decke auf den Kopf.» Statt Konzerte zu spielen, musizierte Pizio stundenlang zu Hause in Oberegg. Zur Beschäftigung brachte er sich das Spielen der steirischen Harmonika bei. Auch pädagogisch sei das wertvoll gewesen: «Mit 33 ein neues Instrument zu lernen, war spannend und frischte mein Verständnis dafür auf, wie es meinen Musikschülerinnen und -schülern geht.»Denn Pizio trägt viele Hüte. Am Wochenende reist er mit der Band herum, während der Woche unterrichtet er rund 25 Trompetenschülerinnen und -schüler und widmet sich der Familie. Auch war er Dirigent der Bürgermusik Mörschwil und der Jugendmusik Heiden. Doch habe es einfach mehr und mehr Überschneidungen mit den Engagements der Fäaschtbänkler gegeben, weshalb er das Dirigieren aufgab.Inzwischen nehmen die Konzerte wieder zu und die Anfragen für weitere Shows kommen. Am 20. Mai haben die Fäaschtbänkler ihr sechstes Album veröffentlicht. Wie schon 2018 war es eine Doppelplatte, die eine mit traditioneller, die andere mit moderner Musik.Über die kommenden eineinhalb Jahre hinaus planen die Fäaschtbänkler aber nicht. Roman Pizio sagt: «Mein Lehrer in Feldkirch verglich die Energie für kreatives Schaffen mit einer Kerze. Ich solle aufpassen, dass sie nicht erlischt. Vielleicht brennt die Kerze der Fäaschtbänkler noch jahrzehntelang.»

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