15.08.2019

Urchigs Rhintl: In Tracht im Takt

Eine Tracht ist jeglicher Modeströmung entrückt und hat etwas zeitlos Edles an sich. Aber heutzutage Tracht zu tragen, erfordert Mut. Es sei denn, man ginge an einen Jodlerabend oder an ein Schwingfest. Allein in Tracht inmitten «normal» Gekleideter fiele man hingegen auf wie der sprichwörtliche bunte Hund.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
«Dabei würde manche Frau mit einem Flair fürs Brauchtum gerne öfter ihre Tracht tragen», ist Regula Eisenhut überzeugt. Das hat die Rebsteinerin festgestellt, als sie sich nach einigem Hin-und-her-Überlegen einmal entschloss, zum Kirchgang doch ohne besonderen Anlass die Tracht anzuziehen. Prompt wurde sie von einer Bekannten angesprochen, die meinte, sie hätte es auch getan, hätte sie nur gewusst, dass sie nicht die einzige gewesen wäre.Das Rheintal hat eine eigene TrachtentraditionEigentlich müsste gerade das Rheintal einen besonderen Bezug zum Trachtenwesen haben. Denn es war mit Hedwig Scherrer eine Wahlrheintalerin, welche die traditionelle bäuerliche Kleidung studierte und in ihrem Atelierhäuschen am Montlinger Bergli neue regionale Formen entwarf. Deswegen gibt es sogar mehrere Trachten speziell für die Rheintalerin: die Altstätter Festtagstracht, die Rheintaler Festtagstracht und die Rheintaler Sonntagstracht. Etwas überregionaler, und auch wesentlich schlichter, sind die Männertrachten. Auf der Homepage der st. gallischen Trachtenvereinigung kann man sich Skizzen und auch Fotos dieser Trachten anschauen.Regula Eisenhuts erste Tracht war eine St. Galler Werktagstracht. Ihre Mutter hat sie ihr genäht, für ihren ersten Auftritt in der Tanzgruppe, welcher sie Ende der 1970er-Jahre zusammen mit einer Freundin beigetreten war. Zu diesem Auftritt kam es dann doch nicht – Regula Eisenhut konnte nicht dabeisein und liess das Tanzen dann länger gleich ganz bleiben.Später lebte sie 13 Jahre in Peru und begann dort wieder damit. Als es darum ging, in die Schweiz zurückzukehren, stand für sie fest: Sie will auch hier wieder tanzen. Regula Eisenhut ging dann ein paar Mal an die Proben der Rheintaler Trachten- und Volkstanzgruppe. Das war 2008. Ein gutes Jahr später trat sie dem Verein als Mitglied bei. 2011 wurde sie bereits zur Präsidentin gewählt, was sie heute noch ist.Einer der Gründer des Vereins war der Bernecker Josef Rutz. Ihm liegt das Tanzen genauso im Blut wie Regula Eisenhut. In jungen Jahren trieb er Sport, fuhr Rennvelo und war im Turnverein. Glücklich machte ihn beides nicht. Dann fragte ihn eine Kollegin, ob er mit ihr tanzen käme. Aus diesem ersten Tanzabend wurde eine Leidenschaft. Über die Jahre war er Mitglied verschiedener Tanzgruppen zwischen dem Rheintal und St. Gallen. Getanzt wurde vor allem internationaler Volkstanz, was auch bei der in Rebstein gegründeten Volkstanzgruppe zunächst so war. Zur heutigen Trachten- und Volkstanzgruppe entwickelte sich der Verein im Zuge einer Partnerschaft mit der früheren Trachtengruppe Altstätten, mit welcher der Verein schliesslich fusionierte.Tanzen hält Körper und Seele fitAnders als manche andere Sportart hält das Tanzen in einer Volkstanzgruppe nicht nur körperlich, sondern – weil man sich auf die Schrittfolgen konzentrieren muss – auch geistig fit, ist Josef Rutz überzeugt. Schwierig ist es dennoch nicht: «Tanzen kann jeder, der gehen kann», sagt Regula Eisenhut, «zwei Schritte vor und zwei Schritte zurück bekommt jeder hin.» Es lohne sich, es einmal auszuprobieren: «Tanzen beflügelt; es befreit Körper und Seele – man fühlt sich danach einfach wohl.» Ihr ist zudem das Bodenständige in der Trachten- und Volkstanzgruppe wichtig. «Es gibt mir Boden», sagt sie. Das gehe vielen im Verein so.Regula Eisenhut ist überzeugt, dass das volkstümliche Tanzen weiterlebt. Grund dafür gibt ihr etwa ein siebenjähriger Bub in der Kindertanzgruppe des Vereins, der sagt, er wolle gar kein anderes Hobby haben als Tanzen. Oder wenn sie sieht, wie beliebt die Ländlerstubeten wieder sind: «Die jungen Leute, die sich dermassen an dieser Musik erfreuen, haben mit Sicherheit auch Lust zu tanzen.»HinweisDie Rheintaler Trachten- und Volkstanzgruppe probt in Rebstein: die Jugendlichen und Erwachsenen donnerstags von 20 bis 22 Uhr in der Oberstufenaula Sonnental, die Kinder (5 – 14 Jahre) dienstags von 16.45 bis 17.45 Uhr im Schulhaus Schachen neben dem Progy. Mehr auf der Homepage des Vereins: www.rtv-sg.ch. Mehr zum Trachtenwesen findet man hier: www.stgallischetrachtenvereinigung.ch/Trachten.

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