27.08.2019

Urchigs Rhintl: Ein Jodel gehört zu jedem Lied dazu

Stimmen die Geschwister Steger ein Jodellied an, hört praktisch jeder fasziniert zu. Selbst Carlo Brunner gefällt’s.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Neumödige Musig gebe es bei ihnen nicht – Ländlermusig und Jodellieder müssen es sein. In etwa so heisst es in einem Lied, welches Ariane (22), Christel (20) und Corinna (18) Steger gerne singen, wenn sie als Jodlerinnenterzett Geschwister Steger auftreten. Ganz so sei es in Wirklichkeit nicht: Zwar habe es so gut wie in jedem ihrer Lieder einen Jodel. Im Auto höre sie aber durchaus auch mal FM1 und damit Popmusik, sagt Ariane. Die Volksmusik hat aber halt schon einen hohen Stellenwert in ihrem Elternhaus. Wenn in der Steger-Küche das Radio eingeschaltet ist, läuft in der Regel die «Musikwelle», das «Programm für Liebhaberinnen und Liebhaber traditioneller und heimatverbundener Klänge», wie sich der SRF-Spartensender selbst beschreibt.Angefangen im KinderjodelchörliWohl deshalb waren Ariane und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Christel (damals 13 und elf Jahre alt) gleich dabei, als Sissi Riegg vor neun Jahren ihr Kinderjodelchörli Rheintal gründete und via Aufruf in unserer Zeitung Kinder zum Mitmachen einlud. Corinna (damals neun) stiess etwas später ebenfalls dazu. Sissi Riegg erkannte die Freude der Mädchen am urchigen Liedgut und auch deren Talent dafür. Sie ermunterte sie, als Duett, später als Terzett zu singen und baute sie nach und nach auf. Dass im Kinderjodelchörli heute über 40 Buben und Mädchen mitsingen, ist zum Teil das Verdienst der Steger-Schwestern: Manch ein Kind, das die drei hat singen hören, will es ihnen gleichtun.Corinna, Christel und Ariane sind darum überzeugt, dass die Volksmusik Zukunft hat und beispielsweise die Jodelchöre, die sich wie viele Vereine Nachwuchs wünschen, zuversichtlich sein dürfen. Ariane etwa ist dem Jodelklub Altstätten beigetreten.Sich als Volksmusikfan zu outen, braucht MutSich als Teenager zur traditionellen Volksmusik zu bekennen, erfordert heute gleichwohl etwas Mut. Jedenfalls wenn die Klassenkameraden eher Pop und Rock im Sinn haben. Die Steger-Schwestern machten sich nicht viel aus der gelegentlichen Fopperei. Zum einen wussten sie, dass es nicht böse gemeint war. Zum anderen sahen sie, welche Freude sie den Leuten bei ihren Auftritten machen. «Das baut einen immer wieder auf», sagt Ariane.Früher war der Erfolg vielleicht auch ein wenig dem Jö-Effekt geschuldet, meint Christel. Dass mehr dran ist, zeigt eine Begebenheit, die sich während einer Wanderung im Berner Oberland zutrug. Auf einer Anhöhe mit herrlicher Aussicht stimmten die Schwestern aus lauter Freude am sonnigen Tag und der schönen Aussicht ein Jodellied an. Ein Pärchen bekam das mit und erkannte die drei wieder, als sie Stunden später in einem Bergrestaurant einkehrten. Es machte die Ländlerkapelle, die dort gerade spielte, auf die Wanderinnen aufmerksam. Es war die Kapelle von Carlo Brunner, des heute vielleicht erfolgreichsten Volksmusikers der Schweiz. Er liess die Geschwister Steger singen. Sie stahlen ihm zwar nicht gerade die Show – aber alle, Carlo Brunner eingeschlossen, hatten ihre Freude an den Jodelliedern der drei bodenständigen jungen Frauen aus dem Rheintal.Bei Talentwettbewerben löscht’s ihnen abAmbitionen auf Ruhm und Ehre haben die Geschwister Steger dennoch nicht. Sicher würden sie im Fernsehen auftreten, bekämen sie ein Angebot dafür, sagt Corinna. Aber deswegen dann jedes Wochenende unterwegs sein möchten sie keinesfalls, sind sich alle drei einig. Wenn sie singen, möchten sie aus Freude singen und nicht, weil sie müssen. Ein einziges Mal haben sie an einem Nachwuchswettbewerb teilgenommen. Aber da habe es ihnen «fast abglöscht», erzählt Christel. Den andern Teilnehmenden sei es nur um den Wettbewerb gegangen und nicht darum, dem Publikum eine Freude zu machen. «Da gehen wir lieber an ein Jodlerfest», sagt Ariane, «da gibt es kein Gut oder Schlecht – man ist unter Gleichgesinnten.»Mittlerweile beherrschen die Schwestern ein stattliches Repertoire. Um die 30 Jodellieder dürften es sein, denkt Ariane. Viele haben sie im Kinderjodelchörli gelernt. Andere studierten sie selbst ein, nach Noten oder ab CD. Damit haben sie eine stattliche Auswahl, wenn sie etwa zur Auflockerung einer Versammlung angefragt werden. Immer wieder singen sie auch in Gottesdiensten, nächstes Mal voraussichtlich am Bettag in Hinterforst.Fehlt eine, fehlt etwasViele öffentliche Auftritte bestreiten die Geschwister Steger allerdings nicht. So um die fünf pro Jahr. Zuletzt waren es noch weniger: Christel konnte für ihre Ausbildung zur Landwirtin ein halbes Jahr ins Ausland, nach Irland. Und diesen Sommer arbeitet Ariane, die eigentlich medizinische Praxisassistentin ist, im Berggasthaus Ruhesitz zwischen Brülisau und dem Hohen Kasten und ist deshalb oft über mehrere Tage nicht abkömmlich. Corinna ist in der Malerlehre und hat auch nicht immer Zeit. Natürlich könnten die jeweils andern beiden auch als Duett auftreten. Das hat es auch schon verschiedentlich gegeben. «Aber etwas fehlt dann halt schon», sagt Corinna.

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