25.03.2020

Unterricht von den Malediven

Mathematik- und Informatiklehrer Gustavo Aeppli von der Kanti Heerbrugg erregt mit einem Lehrvideo Aufsehen.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Yves SolenthalerVor einem paradiesischen Sandstrand stehend, meldet sich Gustavo Aeppli bei seinen Schülern: «Weil die Schulen wegen des Coronavirus geschlossen wurden, habe ich mich in die Malediven abgesetzt. Macht’s gut!»Schnitt – jetzt sitzt Aeppli in einem Studio daheim in St. Gallen. Alles nur Spass, im ernsten Leben bekommen die Kantonsschülerinnen und -schüler gleich eine Menge mathematischer Aufgaben gestellt.Die Idee zum berühmten Video hatte Aepplis FrauDas Lehrvideo von Aeppli ist letzten Freitag in der Sendung «Arena» von SRF 1 als positives Beispiel aktueller Wissensvermittlung gezeigt worden, weitere Online-Medien haben das Youtube-Video verlinkt. «Das Schweizer Fernsehen hatte mich am Dienstag angefragt, ob es das Video online zeigen dürfe», sagt Aeppli.Dass der Ausschnitt dann in der «Arena» kam, erfuhr Aeppli erst am Samstagmorgen durch einen Freund. Ein Schüler erwähnte den «Auftritt» in einem Mail.Inzwischen hat das Video auf Youtube mehr als 1000 Klicks erzielt.«Die Idee, dieses Malediven-Video zu erstellen, hatte meine Frau», sagt der Kantonsschullehrer. Bruna Aeppli arbeitet als freie Journalistin und Videomakerin, ihre Filme präsentiert sie auf Social Media im Kanal «Do Outro Lado Do Mundo» (Deutsch: auf der anderen Seite der Welt). Gustavo Aeppli hatte am Wochenende vor der Schulschliessung auf ihr Betreiben hin drei halbprofessionelle Lehrfilme aufgenommen. Die Idee mit dem maledivischen Sandstrand hatte auch seine Frau.Der Lehrer hatte Spass an der ungewohnten Arbeit, der sich auch im Resultat niederschlug. «Der Aufwand wäre dauerhaft aber zu gross: Für 15 Video-Minuten hatte ich vier Stunden Arbeit», sagt Aeppli. Zudem, das habe er erst später erfahren, sei es einem Lehrer gar nicht erlaubt, auf Youtube zu veröffentlichen. Nun meldet sich Aeppli mit vergleichsweise schmucklosen Videos bei seinen Schülern, um ihnen die Theorie zu erklären und Arbeiten aufzutragen.Mit dem Malediven-Video habe er die Stimmung auflockern wollen: «Wir sollten in dieser Situation unseren Humor bewahren.» Im Heimunterricht erkennt Aeppli einen positiven Aspekt: «Durch die Einschränkung im Unterricht setzen die Lehrerinnen und Lehrer neue Technologien ein, die auch sonst oft sinnvoll wären. Das regt zu neuen Formen an.»Situation für Kantischüler leichter als für jüngereSchriftliche Prüfungen würden allerdings durch den Fernunterricht verunmöglicht: «Dieses Problem ist noch ungelöst.» Sonst sei der digitale Unterricht nach einer Gewöhnungszeit gut angelaufen: «Mit Mittelschülern geht das gut, sie können selbstständig an einem Projekt arbeiten», sagt Aeppli, «meine Rolle ändert sich allerdings: Ich bin eher Coach als Lehrer.»Schwieriger sei die Situation mit geschlossenen Schulen aber für Primarschüler. Gustavo Aeppli kennt als Vater eines Siebtklässlers und einer Viertklässlerin auch diese Seite: «Für meine Kinder muss ich jetzt eher wie ein Lehrer arbeiten als für meine Schülerinnen und Schüler.»

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