Gert BrudererAm Mittwoch hat der Arbeitgeberverband Rheintal in Dornbirn sein Forum «Innovation und Geschäftsmodelle im digitalen Zeitalter» durchgeführt. Rubik’s Cube, ein Anfang der Achtzigerjahre beliebtes Drehpuzzle, das einen stundenlang beschäftigen konnte, ist für Roboter keine Herausforderung. Schwuppdiwupp, im Bruchteil einer Sekunde, sind alle Würfelteile in die richtige Position gedreht.Erste interdisziplinäreNetzwerkmesseZum AGV-Forum mit acht Referaten kam es im Rahmen der erstmals auf dem Messeareal durchgeführten interdisziplinären Netzwerkmesse W3+ Fair Convention Rheintal. Auch High-Tech-Unternehmen aus dem St. Galler Rheintal hatten einen Stand – unter ihnen Polymeca, APM Technica, WZW Optic und Swiss Optic. Im AGV-Forum ging es etwa um «die Macht der Daten», um «mehr Menschenverstand in der datenbasierten Wirtschaft» und um «automatisierte Prozesse mit intelligenter Datenerfassung».Selbstfahrende Autos lassenwohl noch auf sich wartenWenige Monate ist es her, dass Forscher erstmals den Prototyp eines Herzens aus menschlichem Gewebe in einem 3D-Drucker herstellen konnten. Hingegen sieht Stephan Sigrist, der den Think Tank W.I.R.E. gegründet hat und leitet, in naher Zukunft noch keine selbstfahrenden Autos auf unseren Strassen. Denn wie soll das System sich verhalten, wenn der Zusammenstoss mit einem Fussgänger droht und ein schnelles Ausweichen die Kollision mit einer Mauer bedeuten würde? Doch nicht nur die schwer mögliche Klärung ethischer Fragen steht selbstfahrenden Autos im Weg, auch die Komplexität im Alltag und die mögliche Überforderung des Systems sind Schwierigkeiten.Nach Zahnarztbesuch nütztdie Digitaltechnik nichtsAuch bei der Automatisierung von Gebäuden, die zum Beispiel die Energiezufuhr steuern und sogar die Zubereitung des Kaffees ganz nach individuellem Geschmack des Mitarbeiters veranlassen, stossen an ihre Grenze, wenn der Mitarbeiter eines Morgens ausnahmsweise einen Tee bevorzugt.Belustigt sahen sich die anwesenden Unternehmer von einem kurzen Film, in dem ein Mann vom Zahnarzt nach Hause kommt und seine Tür zu Hause dank der Stimmerkennung öffnen möchte – was ihm nicht gelingt, weil er den Öffnungsbefehl «Open door» wegen der betäubten Backe nicht richtig aussprechen kann.In finanzieller Hinsicht verwies der Think-Tank-Leiter auf einen Aspekt, der noch zu wenig diskutiert werde: Bei der Integration elektronischer Komponenten in die Infrastruktur stelle sich angesichts rasanter technischer Entwicklung die Frage, ob es sich betriebswirtschaftlich rechne. Wie weit die Digitalisierung fortgeschritten ist, zeigt der vom Widnauer Patrick Ber-halter erwähnte vollautomatische Supermarkt. Der Kunde identifiziert sich beim Eintreten via Handy, entnimmt sodann den Regalen, was immer ihm beliebt und verlässt den Laden einfach wieder. Es ist längst alles registriert, und die Einkaufssumme wird dem Kunden am Ende automatisch belastet.Investition hat sich nacheinem Jahr schon gelohntKonkrete und für Unternehmer interessante Digitalisierungsmöglichkeiten stellte Sven Rieser vor, der die Altstätter Firma databix leitet. Weil die Digitalisierung die Kultur einer Firma grundlegend verändere, sei es wichtig, die Mitarbeiter früh einzubeziehen. Etwa bei der Digitalisierung einer Deponie, die dem Ausfüllen von Formularen, Kontrolltätigkeiten und dem Verschicken von Briefpost ein Ende setzt. Die Investition bezifferte Rieser mit 25000 Franken, die jährliche Einsparung mit 30000.Ein weiteres Beispiel: Papierlose Produktion. Die Investition von etwa 60000 Franken hatte die Einsparung von zwei Vollzeitstellen zur Folge. Womit ein Hauptgrund für Ängste und Unsicherheit erwähnt war, nämlich der Verlust von Arbeitsplätzen angesichts der Digitalisierung. Dass anderseits neue Stellen entstehen könnten, ist ein Hinweis, den Stephan Sigrist geäussert hatte.Mit digitaler HilfeTalente erkennenSwisscom-Vertreter Martin Gutmann schilderte, wie Daten sich vorteilhaft nutzen lassen. Wer Sandwiches verkaufe und sich frage, welche Menge er an welchem Tag am besten vorbereite (um nicht zu viel oder zu wenig dabei zu haben), tue gut daran, sich von einer Maschine helfen zu lassen. Diese ermittle die Zahl sicher besser als der Mensch, unter Berücksichtigung wichtiger Faktoren wie Wochentag, Wetter oder zeitlicher Entfernung zum Zahltag. Mit eiskalter Statistik lasse sich auch herausfinden, wie das Geschäft läuft, wenn zum Beispiel neben Farben auch noch Pinsel angeboten werden.Selbst das Erkennen von Talenten sei mit digitaler Hilfe leichter möglich – etwa im Kampf gegen die Abwanderung guter Mitarbeiter aus einem Konzern oder grossen Spital. Womit auch die Gefahr des Datenmissbrauchs als Thema gestreift war: Natürlich dürfe es nicht darum gehen, herauszufinden, welchem Mitarbeiter keine Lohnerhöhung zu gewähren ist – im Wissen, dass er sowieso nicht abspringt.Künstliche Intelligenz habe zwar ihre Grenzen und die Daten seien nicht unbedingt «das nächste Gold», hatte Stephan Sigrist gemeint. Aber nicht nur die Maschinen lernen, was das Wissensmanagement in Unternehmen und Kooperationen zugunsten des Wissensaustausches noch wichtiger macht. Aus diesem Grund wurde die Plattform V gegründet, ein Verein mit derzeit 34 Mitgliedfirmen aus dem Vorarlberg und dem Tirol – «und vielleicht schon bald auch aus dem St. Galler Rheintal», wie Christoph Sorg von Rhomberg meinte. Auch am NTB in Buchs, wo Technik ganzheitlich gedacht werden soll, kommt vernetztem und kompetenzübergreifendem Lernen und Verstehen eine entsprechend hohe Bedeutung zu.