29.04.2019

Unterkünfte für seltene Vögel

Viele Vogelarten, die früher hier vorkamen, sind irgendwann ausgeblieben. Mit Nisthilfen und weiteren Massnahmen versucht ein Artenförderungsprojekt, sie zwischen Rhein und Berggebiet wieder zum Brüten zu bringen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Wir Rheintaler schätzen unser Riet als Erholungsraum sehr, nicht zuletzt wegen der vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt. Doch so artenreich, wie jene sein könnte – und vor allem wie sie einmal war – ist sie gar nicht (mehr). Denn manche Arten, die früher hier vorkamen, sind selten geworden. Und einige weitere waren irgendwann einfach nicht mehr da. In der Gemeinde Oberriet wurde nun ein Artenförderungsprojekt gestartet, welches die bedenkliche Entwicklung bremsen oder – so die Hoffnung – umkehren soll. Am Freitag wurde es auf dem Storchenhof bei Kriessern vorgestellt.Das Projekt setzt an einem Förderprogramm an, das 2003 von der Vogelwarte Sempach, der Vogelschutzorganisation Birdlife und dem Bundesamt für Umwelt für 50 in der Schweiz prioritär zu unterstützende Vogelarten erarbeitet worden ist. In Oberriet fokussiert man sich auf zehn Arten, für die zwischen Rhein und Berggebiet potenziell ein Lebensraum besteht. Drei von ihnen brüten schon (oder – je nach Sichtweise – noch) hier: die Dohle, der Mauersegler und der Turmfalke.Beachtliche Erfolge bei den DohlenBesonders für die Dohlen hat die Gemeinde Oberriet schon einiges getan und dies mit beachtlichem Erfolg: Die beiden Kolonien in der Burgruine Blatten und in der Felswand ob der Deponie Unterkobel sind zuletzt stark gewachsen, was nicht zuletzt auf die Montage von Nistkästen zurückzuführen sein dürfte.Fördern möchte man nun auch den Alpensegler, den Eisvogel, den Gartenrotschwanz, den Kiebitz, die Mehlschwalbe, den Wendehals und den Wiedehopf. Einige dieser Arten kann man gelegentlich in der Umgebung von Oberriet beobachten. Etwa den Eisvogel im Naturschutzgebiet Wichenstein oder am Zapfenbach. Ob er aber auch hier brütet, ist ungewiss. Andere kommen hier nicht vor, sind aber in der weiteren Region bereits (wieder) heimisch geworden. Etwa der Wiedehopf, von dem man einzelne Brutpaare im Gebiet zwischen Grabs und Salez beobachtet hat. Die Chancen, dass er in absehbarer Zeit auch in die Gegend von Oberriet zurückfindet, stehen nicht schlecht.Damit die Vögel wieder hier brüten, richtet man ihnen Nisthilfen ein: je nach Art im Riet, an den Ufern von Bächen oder anderen Gewässern, in der Nähe von Hecken, am Waldrand oder in Felswänden. Für Mehlschwalben, Mauer- und Alpensegler auch bis zu 50 Meter hoch an einem Betonwerk.Um die Bedürfnisse des am Boden brütenden Kiebitz zu befriedigen, arbeitet das Projekt mit Landwirten zusammen, die einen Teil ihrer Ackerflächen speziell bewirtschaften. Mit Schafzäunen, Schutzkörben, aber auch mit Unterstützung von Jägern werden während der Brutzeit Füchse, Krähen und andere Räuber von den Gelegen ferngehalten. Weil der Kiebitz auf Feuchtstellen angewiesen ist, wird man punktuell die Drainagen anpassen, um den Abfluss des Wassers zu verzögern.Das Beispiel zeigt die breite Unterstützung für das Projekt. Bauern, Jäger und Privatunternehmen unterstützen es ebenso wie Naturschutzorganisationen und öffentliche Körperschaften. Erarbeitet wurde es von Roger Dietsche aus Kriessern, Barbara Meier aus Kobelwald und Alex Steiger aus Oberriet, die sich alle drei auch in der Naturschutzkommission der Gemeinde Oberriet engagieren. Die Politische Gemeinde hat denn auch die Trägerschaft übernommen. Und der Kanton hat sich bereit erklärt, die zuletzt noch offenen 30 % der Gesamtkosten von 55 000 Franken zu übernehmen.Dass sich die Vogelarten, die man fördern will, auch tatsächlich wieder ansiedeln, könne freilich niemand garantieren, hielt Roger Dietsche an der Projektpräsentation fest. Das Bereitstellen von Brut- und Nistmöglichkeiten allein genüge nicht, betonte er. Der Lebensraum insgesamt müsse den Tieren passen. Deshalb fordert Dietsche über das Artenförderungsprojekt hinaus die Schaffung weiterer Extensivflächen und Feuchtstandorte. Und nicht zuletzt müssen die Vögel zu fressen finden: Deswegen müsse auch etwas gegen das Verschwinden der Insekten unternommen werden.Tut man nichts, gibts bald nur noch Krähen und ElsternDass das Projekt aber durchaus gelingen kann, zeigen Erfolge im benachbarten Vorarlberg. Dort brüten verschiedene Arten, die dies auf St. Galler Seite des Rheins nicht tun. «Das zeigt, dass man durchaus mehr tun kann, als wir heute tun, und dass es sich auch lohnt», stellt Roger Dietsche fest. Mehr noch: Er sieht eine Pflicht zur Artenförderung. «Tun wir es nicht, verarmt die Natur – bis unsere Kinder nur noch Krähen und Elstern zu sehen bekommen.»

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