21.04.2020

Unsicherheit am Lehrstellenmarkt

In allen Kantonen hat es branchenübergreifend noch offene Lehrstellen. Im Kanton St. Gallen sind es 1608 Lehrstellen.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
Susi MiaraAuf yousty.ch, der grössten Lehrstellenbörse der Schweiz, sind es über 15500 offene Lehrstellen, für die man sich direkt bei den Firmen online bewerben kann.Mit 1608 offenen Lehrstellen steht der Kanton St. Gallen nach Zürich mit 2093 offenen Lehrstellen und Waadt mit 1838 offenen Lehrstellen an dritter Stelle. Bei den Top Ten der noch offenen Lehrberufe im Kanton St. Gallen steht der/die Kaufmann/-frau mit 162 an erster Stelle, gefolgt von Detailhandelsfachmann/-frau mit 160, Landwirt/in mit 107, Elektroinstallateur/in mit 89, Detailhandelsassistent/in mit 66, Polymechaniker/in mit 64, Coiffeur/ -euse mit 59, Automobil-Fachmann/-frau mit 54, Sanitärinstallateur/in mit 53 und Logistiker/in mit 52 (Stand 31. März 2020).Lehrstellen im Rheintal sind gut besetztDie Firma SFS Group AG, eine der grössten Lehrbetriebe im Rheintal, ist mit der heutigen Situation recht zufrieden. Insgesamt bewegen sich die Zahlen der vergebenen Lehrstellen in ähnlichem Rahmen wie in den vergangenen Jahren. «Ohne den Corona-Lockdown wären es sogar noch mehr», vermutet der Leiter der Berufsbildung, Ivo Riedi. Mehr Sorgenfalten bereitet ihm die Situation auf Sommer 2021.Insgesamt konnte die SFS auf Sommer 2020 bisher 43 von 49 Lehrstellen besetzen, in der Region Rheintal alle. An den SFS-Standorten in der Deutsch- und Westschweiz werden noch sechs Detailhandelsfachleute gesucht. «Besonders die Rekrutierung der Detailhandelsfachleute ist schwierig, da die Standorte gezwungenermassen jetzt geschlossen sind und die SFS keine Schnupperlehren anbieten kann», sagt Ivo Riedi.Teilweise hätten deshalb bereits definierte Schnupperlehren abgesagt werden müssen. Trotz des Lockdowns treffen jedoch noch Bewerbungen auf Sommer 2020 bei der SFS ein.Bewerbungsprozess wurde angepasstUm nicht tatenlos zuzuwarten, hat die SFS den Bewerbungsprozess angepasst. «Starten Bewerbende normalerweise mit einer Schnupperlehre, laden wir die Kandidatinnen und Kandidaten während der Coronazeit zuerst zu einem Vorstellungsgespräch (Videokonferenz) ein», erklärt Ivo Riedi. So könne die SFS die geeigneten Kandidaten umgehend nach dem Ende des Lockdowns zum Schnuppern einladen, denn bei der SFS gilt nach wie vor: keine Lehrstellenvergabe ohne Schnupperlehre.Verbindliche Vergabe erst ab dem 1. NovemberGemäss Informationen des Bundesrats sollen die Schulen am 11. Mai wieder mit dem Unterricht beginnen. «Den Schülerinnen und Schülern der zweiten Oberstufen werden aufgrund des Lockdowns dann mindestens zwei Monate Schnupperzeit fehlen, da seit Mitte März in den meisten Unternehmen keine Schnupperlehren angeboten wurden», sagt Ivo Riedi.Er vermutet, dass nach der Wiederaufnahme des Schulbetriebs die Lehrpersonen ihre Klassen erst einmal wieder organisieren werden und sichern müssen, dass sie genug Noten haben, um anfangs Juli ein Zeugnis auszustellen. Die dazu zur Verfügung stehende Zeit sei sehr knapp bemessen. Parallel dazu sollten die Schüler auch noch Schnupperlehren absolvieren , um sich seriös ihrer Berufswahl widmen zu können.Hier stellt sich Ivo Riedi die Frage: «Wie wird es gelingen, den Schülern genügend Zeit für eine seriöse Berufswahl zur Verfügung zu stellen?» Sollte dies nicht gelingen, bestehe grosse Gefahr, dass die Lehrvertragsauflösungen ab Sommer 2021 in die Höhe schnellen könnten. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, sieht Ivo Riedi nur einen Lösungsansatz, nämlich den Zeitpunkt der Lehrstellenvergabe verbindlich und als Vorgabe des Kantons auf den 1. November zu verschieben.Informationen online beziehen ist möglichAuch Urs Casty, Gründer und Inhaber von yousty.ch, ist überzeugt, dass die Schnupperlehre ein elementarer Bestandteil im Berufswahlprozess ist. Die Jugendlichen seien sich aber gewohnt, Informationen online zu beziehen und sich besonders mittels Videos zu informieren. So könne man sich mit dem Thema Berufswahl und Lehrstellensuche gut auch daheim auseinandersetzen.Den Schülerinnen und Schülern empfiehlt er zum Beispiel, Videoaufnahmen zu erstellen und bei den Bewerbungen mitzuschicken – und online zu schnuppern. Der Youtube-Account «Lehrstellen Schweiz» biete dazu mit 800 verschiedenen Lehrberufsvideos zusätzlich einmalige Einblicke in die Berufswelt.

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