«Hätten Sie kurz Zeit für ein paar Fragen?» – «Eigentlich nicht. Wie lange dauert es denn?» – «Höchstens fünf Minuten.» – «Fünf Minuten? In dieser Zeit hätte ich schon 15 Offerten geschrieben!» Adrian Heule ist im Dauerstress. Der Geschäftsführer der Heule Wärme & Feuer AG in Widnau hat auch für ein Gespräch mit der Zeitung kaum Zeit. So wie ihm ergeht es vielen Ofenbauern im Rheintal: Seit einigen Monaten erleben sie einen regelrechten Ansturm auf Cheminée- und Kachelöfen. «Unsere Branche wird völlig überrannt», sagt Heule. Der Grund liegt auf der Hand. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine steigen die Kosten für fossile Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas immer weiter an. Hinzu kommt die unsichere Energieversorgung und die Sorge vor einem Blackout. Aus Angst, im Winter zu frieren, sehen sich deshalb viele nach Alternativen um. Heizen mit Holz ist dabei hoch im Kurs.Lieferfristen betragen momentan ein halbes JahrDie Wunschvorstellung, sich im Winter vor ein wärmendes Cheminéefeuer zu setzen, die Füsse hochzulegen und es sich mit einem Tee gemütlich zu machen, behagt vielen. Doch die Realität sieht anders aus: «Wir sind sehr gut ausgelastet. Wer jetzt noch einen Ofen will, hat dieses Jahr jedoch nur geringe Chancen», sagt Roger Stieger, Geschäftsführer der Stieger Ofenbau in Altstätten. Grund: Die Hersteller können nicht liefern. Es gibt Engpässe bei Öfen und Materialien. Die Lieferfristen betragen momentan bei vielen Produkten bis zu einem halben Jahr.«Vor Mai oder Juni wird kein Speicherofen eingebaut werden können», bestätigt auch Adrian Heule. Deshalb werden zurzeit viele Anfragen von Personen entgegengenommen, dir ihr Cheminée wärmetechnisch verbessern, aber nicht durch eine neue Anlage ersetzen möchten. Die offene Feuerstelle wird entweder mit einer auf Mass gefertigten Glastüre verschlossen, oder aber, so eine zweite Möglichkeit, mit einer auf Mass gefertigte Heizkassette , die in den Feuerraum eingepasst wird. «Dadurch kann mehr Wärme gewonnen werden», erklärt Roger Stieger.Der Run auf Cheminées oder Kachelöfen hat nicht erst vor Kurzem Fahrt aufgenommen. Angeheizt hat die Nachfrage bereits die Pandemie. «Die Menschen waren mehr zu Hause und wollten es dort schön haben», vermutet Adrian Heule. Seit Frühling sind die Anfragen aber regelrecht explodiert – sie haben sich verdoppelt. Vor Telefonaten kann sich der Ofenbauer derzeit kaum retten: «Im Prinzip müsste ich jemanden einstellen, der oder die nur das Telefon bedient und Termine vereinbart», sagt Adrian Heule und ergänzt: «Aber wir sind natürlich dankbar für die vielen Aufträge.»Noch gefragter als Installationen von neuen Geräten sind Wartungsarbeiten für Wiederinbetriebnahmen von Kaminöfen. Oft haben die Eigentümer den Kamin rund 20 Jahre nicht mehr eingeheizt. Ihn dann einfach in Betrieb zu nehmen, ohne vorher einen Fachmann beizuziehen, kann schwerwiegende Folgen haben.Hornissen- und Vogelnester führen zu Bränden«Es könnte eine Rauchentwicklung im Wohnraum geben und im schlimmsten Fall ein Brand entstehen», warnt Kaminfeger Michael Frei von der Frei Kaminfeger AG in Thal. Risse im Ofen, Hornissen oder Vögel, die sich im Kamin eingenistet haben, könnten die Ursache sein. Ein Check, bei dem die Rauchgaszüge freigemacht sowie die Luftzufuhr und die Mechanik kontrolliert werden, reicht, um ein solches Szenario zu verhindern. «In der Regel dauert er 30 Minuten bis eine Stunde», sagt Michael Frei. Bis zu vier solcher Kontrollen führt er pro Woche im Raum Bodensee durch.Noch mehr Arbeit hat Simon Grässli, Geschäftsführer der Alois Buschor Kaminfeger in Au und amtlicher Kaminfegermeister und Feuerungskontrolleur von Au, Heerbrugg, Berneck und St. Margrethen. Vier Kontrollen führt er pro Tag durch. Und es könnten bald mehr werden: «Die Baugesuche lassen darauf schliessen, dass die Zahl der Öfen in der Region zunehmend wächst», sagt er, der für die Abnahme von Feuerungen zuständig ist. Und ergänzt: «Ich könnte gut einen Mann mehr im Betrieb brauchen.» Seit Herbst häufen sich bei ihm Anfragen von Leuten, die ihren alten Ofen wieder in Betrieb nehmen möchten. «Die meisten sagen, wenn die Gaspreise so steigen, wollen sie wenigstens die Stube mit dem Cheminée oder dem Ofen heizen.»Der Knackpunkt ist aber: Da das Heizen mit Holz einen Aufschwung erlebt, ist auch Brennholz gefragt. Vielerorts sind die Holzlieferanten im Rheintal bereits an ihre Grenzen gelangt, wie in der Ausgabe vom 21. September zu lesen war. Wie sich der Ansturm auf die Öfen entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Adrian Heule sieht im Moment keine Entspannung in Sicht: «Das Telefon klingelt unaufhörlich und am anderen Ende wartet ein neuer Kunde.»Richtig heizen und Feinstaub vermeidenNach Angaben des Branchenverbandes Holzenergie Schweiz gibt es landesweit rund eine halbe Million Feuerungsanlagen in Haushalten. Die Feinstaubemissionen aus Hausfeuerungen sind in den letzten 30 Jahren um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. Es gibt drei Hauptfaktoren, die den Unterschied ausmachen: Die Qualität des Brennholzes, die Betriebsweise sowie die Qualität der Anlage.Das Holz muss trocken sein und sollte vor der Verwendung etwa zwei Jahre lang an einem gut belüfteten, sonnigen Ort getrocknet werden. Zu dicke Scheite brennen schlecht. Als Faustregel gilt, den Umfang von 20 bis 25 cm nicht zu überschreiten. Brennholz muss zudem naturbelassen sein. Lackiertes Holz, Spanplatten und Abbruchholz können nicht sauber verbrannt werden. Bedienungsanleitungen sowie Anweisungen von Ofenbauern oder Schornsteinfegern sind unbedingt zu befolgen.Der Verband weist darauf hin, dass alte Anlagen oft nicht mehr dem aktuellen technischen Stand entsprechen. Sie können nicht schadstoffarm betrieben werden und müssen saniert oder ausgetauscht werden.