11.10.2019

Uns steht der Samen zu Verfügung

Von Armin Scheuter
aktualisiert am 03.11.2022
Ein junger Mann betritt im Traum einen Laden. Hinter der Theke steht ein Engel. Ihn fragt der Mann: «Was verkaufen Sie?» Der Engel antwortete freundlich: «Alles, was Sie wollen.» Der junge Mann ist angenehm überrascht und beginnt aufzuzählen: «Dann hätte ich gern das Ende aller Kriege auf der Erde, bessere Bedingungen für die Randgruppen der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in der Welt, arbeitende Menschen sollen nicht mehr ausgebeutet werden, und dass die nahende Klimakatastrophe abgewendet wird und ...» Da fällt ihm der Engel ins Wort: «Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen.»Eine grosse Frage ergibt sich für mich daraus: Was machen wir mit dem Samen, der uns Menschen anvertraut worden ist? – Dies ist eine Frage, die angesichts der vorhersehbaren Zukunft uns alle umtreiben sollte: Wie sollen – ja müssen wir unsere Gesellschaft in unserer global vernetzten Welt gestalten? Allerdings sind die Vorstellungen einer idealen Welt so unterschiedlich, wie es verschiedene Menschen gibt. Und jeder ist sich dabei schnell einmal selbst der Nächste. Möglichst viel Kaufen und Konsumieren ist dabei die Botschaft der Werbeindustrie, die überall nach Aufmerksamkeit giert – sie verspricht höchstes Glück – auch wenn unsere Mutter Erde deshalb ächzt und stöhnt, dabei offenbar zugrunde geht.Schaue ich auf die Vergangenheit, so stellten lebenszerstörende humane Tragödien immer auch die Frage nach einem Neuanfang. Wenn Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, fragen sie nach dem Wesentlichen – auf was es ankommt im Leben. Angesichts der nahenden Klimakatastrophe sollten wir uns gewiss schon jetzt nach dem Wesentlichen fragen. Als Christ denke ich: Wir haben nicht das Recht, die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder zu riskieren, allein aus Bequemlichkeit, Selbstgefälligkeit und Vergnügungssucht. Wir merken, dass ein menschenwürdiges Leben von der Natur und dem ökologischen Gleichgewicht auf der Erde abhängt, und dass dies ein Denken in nur nationalen Schweizer Grenzen völlig übersteigt, vor allem in Hinblick auf kommende Generationen. Auch Kinder, die jetzt geboren werden, wollen in einer lebenswerten Zukunft leben.Es gilt, was der Engel in der kleinen Geschichte sagt: Uns steht der Same zu Verfügung. Aufgrund wissenschaftlicher Forschungsergebnisse, gemeinsamer politisch-sozialer Leitlinien und ökologischer Grundsätze können wir der Entwicklung auf unserem Planeten eine andere Richtung geben.Armin ScheuterPastoralassistent in Kobelwald

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