Gert Bruderer
Vor allem zwei Grossanlässe bewogen Jugendliche und junge Erwachsene, sich zur Praxis zu bemühen, wo Roman Würth für den Antigenschnelltest nur fünf Franken verlangt.An erster Stelle: Die Olma.An zweiter: Der Match der St. Galler am Sonntag gegen Servette Genf.In nächster Zeit eher daheim bleibenOliver Viragh aus Marbach braucht wegen der Olma ein Zertifikat, ist aber «im Kopf auch beim Match». Sein Widnauer Kollege stichelt, St. Gallen werde wohl absteigen. Der Fan hält sich theatralisch die Ohren zu, dann wetten sie um 20 Franken, Oliver Viragh zugunsten des Ligaerhalts.Fürs günstige Zertifikat sind viele von auswärts gekommen, Marco (19) aus Thal, die Freundin begleitet ihn, braucht aber selbst keinen Test. Er werde künftig regelmässig hier sein, meint der Thaler – diesmal, weil er sich das Fussballspiel ansehen will.Eine ganze Gruppe stammt aus Oberegg und Reute, unter ihnen Andreas Koller (16, Oberegg) und Manuel Gantenbein (16, Reute), die an die Olma wollen. Manuel meint, in den nächsten Wochen werde er auf Tests verzichten und mit Kollegen daheim bleiben, sein Kollege stimmt ihm zu. Zu aufwendig, das Ganze. Gut, hat jemand sie im Auto mitgenommen.Manuel bemerkt erstaunt: Dass viele Leute kämen, habe man erwarten können, trotzdem sei er überrascht. Kurz vor zehn Uhr stehen 33 junge Menschen vor der Praxis, später sind es um die fünfzig. Trotzdem wartet niemand lange. «Zehn, fünfzehn Minuten», bestätigen alle, nicht länger. Aber einige verbringen eine halbe Stunde bei der Praxis, weil sie auf Kollegen warten.Impfen? – «Jetzt erst recht nicht»Warum den Aufwand für das Testen auf sich nehmen, wo man sich auch impfen lassen könnte? Der Oberegger R. K. ist zwar schon ein erstes Mal geimpft, es fehlt ihm aber noch die zweite Spritze. Er gehört zu denen, die sich lieber anonym zur Sache äussern.Der ungeimpfte Manuel begründet seine Weigerung ganz unverblümt: «Aus Trotz.» Er fügt hinzu: «Jetzt erst recht nicht.» Gemeint ist: Nach dem politischen Hin und Her, das faktisch in einen Impfzwang gemündet habe, gilt es, ein Zeichen zu setzen.Jemand bringt ein wenig später auch für Trotz Verständnis auf. Es spielt wohl vieles eine Rolle: Die vielen Nachteile gerade für junge Menschen seit bald zwei Jahren. Das Zurückstecken die ganze Zeit. Die widersprüchliche und zögerliche Politik. Und dann Entscheidungen, mit denen man nicht einverstanden ist. Da habe man halt irgendwann genug und mache nicht mehr mit. Doch ausgerechnet mit der Impfverweigerung sei niemandem geholfen, lautet eine klare Gegenmeinung. Den Verweigerern am allerwenigsten.Auch diese Antwort gibt es auf die Frage nach dem Grund für den Verzicht auf eine Impfung: «Es gibt keinen. Ich lasse mich einfach nicht impfen.»Urs Schnider ist (zum Glück) unterbeschäftigtDer einheimische Cornel (21) sagt, er sei gesund. Den Hinweis, das sei keine Garantie, dass er es bleibe, überzeugt ihn nicht. Zusammen mit Gian-Luca aus Azmoos besucht er gleichentags die Olma.Zwei andere Widnauer (die wegen des Fussballspiels hier sind) «warten noch ab» statt sich impfen zu lassen. Ihr Argument: Der Impfstoff sei in einem Jahr und somit allzu schnell herbeigezaubert worden. (Was insofern unzutreffend ist, als die mRNA-Technologie seit etwa drei Jahrzehnten bekannt ist und bereits seit Jahren angewendet wird, bloss einen mRNA-Impfstoff gab es bisher nicht.)Während die Testenden in der Praxis stark beschäftigt sind, ist Urs Schnider im Freien unterbeschäftigt. Der Kollege Roman Würths bemerkt, der Arzt habe ihm geschrieben «Brauche dich unbedingt», und selbstverständlich sei er gern bereit gewesen, ihn zu unterstützen. Sein Job: Zum Verkehr schauen. Es läuft aber alles von selbst, wie es sollte, «nur einmal hat jemand in einem Auto gehupt». Der Parkplatz ist meistens voll, doch viele Junge kommen mit dem Velo, und ganz in der Nähe ist der grosse Parkplatz der Gemeinde bloss zu einem kleinen Teil belegt.Elfjähriger Enkel wollte sich auch impfen lassenNachdem Gregor Färber, der gegenüber der Praxis zu Hau-se ist, dem Briefkasten den «Rheintaler» entnommen hat, bleibt er noch für eine Weile stehen. Ist er selbst geimpft? «Natürlich», meint er und hat sogar seine Impftermine im Kopf: 3. März, 8. April. Eine Praxisassistentin habe ihn angerufen und gesagt, sie hätten noch «voorige Impfstoff», also nutzte er die Chance.Eben erst, bei einem Besuch im Oberegger Restaurant Wilder Mann, sei eine ältere Frau mit ihrem Handy nicht zurechtgekommen, als es darum ging, das Zertifikat vorzuweisen. Er selbst habe die Bescheinigung immer auch in Papierform dabei, für alle Fälle. Angenommen, es kommt – wie letzten Freitagabend – zur Panne und die BAG-App ist vorübergehend unbenützbar, ist Gregor Färber stets auf der sicheren Seite.Eine kleine Anekdote handelt vom elfjährigen Enkel. Auch der habe sich impfen lassen wollen, sagt Gregor Färber mit einem Lächeln. Doch geimpft wird erst ab zwölf. Der Enkel habe kurzerhand gefragt, ob es nicht möglich sei, zu sagen, er sei zwölf.