Schläge wummern durch das Treppenhaus des Swisscom-Gebäudes gegenüber dem Auer Bahnhof. Zu hören sind ansonsten nur gepresste Atemstösse. Vor dem geistigen Auge erscheinen einige durchgeschwitzte Sportler, die sich am Sandsack abarbeiten. Sandsack stimmt, durchgeschwitzt auch, aber der Raum ist stärker belegt als vermutet, einfach weil niemand redet, alle konzentriert trainieren.«Mehr als 30 Leute sind leider nicht erlaubt», sagt Agron Azemi, schaut zur Seite und korrigiert einen Kickboxer: «Nimm den Ellbogen hoch, so – und zack.» Er zeigt, wie der Schlag sauber ausgeführt wird.«Wenn schon so trainieren, dann richtig»«Läuft unerwartet gut, die ‹Fight Industry Rheintal›», sagt Azemi und verweist auf das Signet, das gross an der Wand prangt. «Dabei war das alles gar nicht so geplant», sagt der 48-jährige Heerbrugger. Vor einem halben Jahr mietete er den Raum, um mit einigen Kollegen «etwas für die Fitness» zu tun. «Das hat geklappt, ich habe inzwischen 20 Kilo abgenommen», sagt er und lacht. Schon während seiner Aktivzeit hat er sich jeweils mit einer harten Vorbereitung auf sein Kampfgewicht hinunter trainiert.Kaum hatten er und seine Kumpels mit ihrem Fitnessprogramm begonnen, sprach sich herum, dass der Ex-Europa-Meister (2000 bis 2003) im Profi-Kickboxen wieder Trainings leitet. Permanent fragten Leute an, ob sie auch mitmachen dürften.[caption_left: Der Raum ist gut mit Traingeräten versorgt]«Schubweise organisierte ich das benötigte Material, schaffte auch einen Boxring an.» Azemi, der im Mittelgewicht (bis 75 Kilo) seine grössten Erfolge feierte, schaut zurück: «Ich sagte mir irgendwann, wenn wir jetzt schon so trainieren, dann richtig.» Ganz nach dem Motto «Train hard, fight easy», das in Graffitischrift über eine Längswand gezogen ist.Von «Fitness mit Kollegen» zu «Werken mit Freunden»Er sei froh gewesen, dass ihm sein Sohn geholfen habe. Der 25-jährige Bashkim Azemi war mehrfacher Junioren- Schweizer-Meister im Boxen. Auch das brachte neue Kampfsportler ins Training. Inzwischen ist am Montag, Mittwoch und Freitag ab 19 Uhr Kickboxtraining und am Dienstag und Donnerstag wird um die selbe Zeit geboxt. Auch für einen Kickboxer bildet das Boxen die Basis, die Grundschule, auf der er aufbaut.Agron Azemi selbst war technisch stark, schnell, konnte den Gegner extrem gut lesen und hatte darauf auch die richtigen Antworten parat. Ebenfalls im Training unterstützt wird Azemi von Bekim Bajramy, Ex-Profi-Kickboxer mit Schweizer Meistertitel. Er hat während des Gesprächs übernommen und gibt ruhig und sachlich durch, wie die Übungen richtig ausgeführt werden. Aus dem «Fitness mit Kollegen» wurde zwischenzeitlich «Werken mit Freunden», denn um dem Andrang auch mit der Infrastruktur gerecht zu werden, wurde die Garderobe ausgebaut, alles gestrichen und einladend dekoriert. Der Raum würde mit dem entsprechenden Inventar durchaus auch als Sportlerbar durchgehen.[caption_left: Mit Emblemen, Schriftzügen und Bildern wurde der Raum dekoriert]«Eine intensive Zeit», schaut Azemi zurück. Und es sei ja nicht so, dass ihm sonst langweilig wäre, sagt er, dem in Au das Pneuhaus Azemi + Co. gehört. Als Ringrichter mit internationalen Einsätzen ist der Heerbrugger in der Szene bekannt. Bald kamen deshalb auch Nachfragen, ob er Kämpfer an Galas stellen wolle. Im September, an der Kickboxgala in Frauenfeld, nahmen zwei seiner Kickboxer teil: Einer siegte, einer verlor. Anfragen für weitere Galas liegen bereits vor. «Mal schauen, wohin sich das Ganze entwickelt», sagt Agron Azemi.[captain_left: Die Trainings werden jeden Abend gut besucht.]Zurzeit geniesst er es, dass an den Abenden vom Zwölf- bis 53-Jährigen, vom Anfänger bis zum erfahrenen Wettkämpfer, alle die Übungen absolvieren. «Ich will dem Ganzen einen guten Rahmen geben», sagt der Ex-Profi. Dazu gehö-re in naher Zukunft auch einmal ein «Tag der offenen Tür», sozusagen als offizielle Eröffnung.