28.04.2022

Um ein Uhr nachts beginnt sein Tag

Ausgerechnet der zweimal nicht gewählte Marco Ramsauer bringt Rheineck die Metzg zurück.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
In der Altstadt, im bisherigen Lokal des umgezogenen Pow-Wow-Shops, wird der 46-Jährige ab diesem Samstag einen eigenen Laden betreiben. Schon seit Anfang Jahr gehört ihm die Metzgerei Beer in Grabs, die ein halbes Dutzend Firmen an 13 Standorten mit Wurstwaren und täglich frischem Fleischkäse beliefert. Auch ab Rheineck werden zwei erste Geschäfte mit Fleischwaren bedient.Eine neue Art von SelbstständigkeitMarco Ramsauer sagt, jetzt habe er, was er gewollt habe. Das heisst, zurück in der Ostschweiz zu sein, seit zwei Jahren in Rhein-eck, wo er und seine Frau Danijela sich zu Hause fühlen. Zuvor hatten sie in Buchs zwar eine Wohnung, doch sie waren Wochenaufenthalter und ihr Arbeitsort war Bern. Marco Ramsauer war bereits selbstständig, aber in fremden Betrieben, mit einem Werkvertrag. Nun ist er selbstständig in zwei eigenen Betrieben. Doch obschon er Unternehmer sei, habe auch er Chefs, bemerkt er: die Kunden.«Es gibt viele, die viel sagen»2019 war Ramsauers Beziehung zu Rheineck noch lose. Er wirkte als Hafenmeister in einem der zwei Rheinecker Bootshäfen am Alten Rhein, dem Steinlibach, und wusste, dass aus ihm und Rheineck etwas werden könnte. Im Wahlkampf ums Stadtpräsidium wuchs zwar nicht der Kandidat den Stimmberechtigten ans Herz, aber das Städtli ihm. Er sprach darüber, lobte Rhein-ecks Altstadt, fand, sie habe Zukunft. Heute sagt er: «Es gibt viele, die viel sagen, aber nicht so handeln, wie sie reden; zu denen gehöre ich nicht.»Ramsauer hat es ernst gemeint mit Rheineck. Der bei den Wahlen parteilose Kandidat ist der SVP beigetreten, betätigt sich seit Anfang Jahr im Vorstand der IG für sinnvollen Wasserbau und als Aktuar in einem neu gegründeten (noch kleinen) Mittelalterverein. Er ist ausserdem Hafenmeister geblieben. Mit seiner Frau wohnt der Technische Kaufmann in einem der Blocks gegenüber dem Schwimmbad.«Als Metzger bin ich wohl besser»Hat er abgeschlossen mit der Politik? Er meint, er sei als Metzger besser, als er es als Präsident des Städtchens wäre. Davon abgesehen «macht’s Urs Müller gut». Ramsauer sagt, er habe bei den Wahlen trotz der Nichtwahl viel gewonnen, als Kommunikator dazu gelernt, und gehe mehr als früher auf die Leute zu. Dass er erneut als Stadtrat kandidiere, sei nicht ausgeschlossen. Beim letzten Mal bekam er 427 Stimmen, bei einem absoluten Mehr von 542. Ein Achtungserfolg sei das gewesen.Die einzige Metzg auf weiter FlurRamsauer arbeitet vornehmlich mit drei Mitarbeitenden in Grabs. Sein Arbeitstag beginnt um ein Uhr nachts und endet meistens in der Mittagszeit. Am Samstag wird er jeweils in der Metzgerei in Rheineck anzutreffen sein, wo eine Angestellte tätig ist. Vermutlich ab dem nächsten Jahr wird auch die Gattin hier beschäftigt sein. In Bern haben sie und ihr Mann lange zusammengearbeitet, Danijela Ramsauer als Chef-Stellvertreterin in der Convenience-Abteilung. Sein Rheinecker Geschäft nennt Marco Ramsauer Fleischkompetenzzentrum, in dem alles zu haben sei. Indem er dem Städtli die vor langem verschwundene Metzg zurückbringe, leiste er einen Beitrag für einen lebendigen Ort, was hoffentlich auch er mit seinem Laden spüre. Abgesehen von der Hinterhofmetzgerei in Staad ist seine neue Metzg die einzige auf weiter Flur.

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