Garten 31.03.2024

Über den Mythos der Verrottungswärme, sie wird massiv überschätzt

Es gibt Hochbeete und Hochbeete. Die einen werden mit normaler Erde befüllt. Die anderen werden nach Art der Hügelbeete angelegt: Zuunterst kommen dickere Äste und dünnere Zweige, darüber folgt viel Laub und jede Menge verrottbarer Gartenabfälle und ganz zum Schluss wird der Aufbau mit einer Schicht Erde abgeschlossen.

Von Eveline Dudda,
Hinterforst
aktualisiert am 31.03.2024

Der mehr oder weniger aufwendige Aufbau erfolgt oft in der Hoffnung, dass beim Verrotten der unteren Schichten Wärme entsteht, die später ein besseres Wachstum im oberen Bereich auslöst.

Akribisch genaue Messungen eines Hochbeetherstellers zeigten, dass die Verrottungswärme massiv überschätzt wird. Es handelt sich um eine bescheidene Temperaturzunahme der oberen Erdschicht (in der sich die Hauptwurzeln befinden) im Bereich von 0,5 bis max. 2 Grad Celsius. Unmittelbar nach dem Einfüllen stieg die Temperatur in der unteren Erdschicht zwar deutlich an. Wenig später wurde auch die Beetoberschicht messbar wärmer. Doch schon nach sechs Wochen kam der Prozess zum Erliegen. Dem Timing kommt also eine Bedeutung zu.

Eveline Dudda
Eveline Dudda
Bild: pd

Falls befüllt wird, wenn die meisten Gartenabfälle und Strauchschnitt anfallen, also im Herbst, ist es mit der Erwärmung an Weihnachten meistens wieder vorbei. In diesem Fall findet die Erwärmung also ausgerechnet in der Zeit statt, in der man gar nichts anbaut. Wer den Effekt der Verrottungswärme nutzen will, sollte deshalb das Hochbeet im Frühling befüllen – dann wird der Temperaturanstieg von den meisten Pflanzen geschätzt und freudig in Zuwachs umgesetzt.

Die Messwerte zeigten aber auch noch etwas anderes, nämlich, dass sich die Erde im Hochbeet in der Vegetationsperiode parallel zur Lufttemperatur erwärmt. Je wärmer die Luft war, desto wärmer war auch die Erde im Beet. Das ist im Frühling von Vorteil – im Hochsommer jedoch ein Nachteil. Ist das Hochbeet aus Metall, kann sich die Erde derart erwärmen, dass es den Pflanzen nicht mehr wohl ist. Der umgekehrte Effekt findet ebenfalls statt: Das Beet­innere kühlt sich so rasch wie­-der ab, wie die Aussentemperatur sinkt. Beim Wintereinbruch sind Hochbeete also gegenüber Flachbeeten im Nachteil.

Mein Fazit: Es gibt bessere Argumente für ein Hochbeet, als die Verrottungswärme. Zum Beispiel, dass man sich das Bücken spart. Oder, dass man ein Beet auch auf Flächen anlegen kann, auf denen sonst keine Pflanzen wachsen würden, wie auf Parkplätzen, Terrassen oder extrem verdichtetem Boden. Oder man gleicht damit eine Hangneigung aus.

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