Hildegard BickelDie Fahrt bei sonnigem Wetter nach Heerbrugg liess den Botschafter gestern Nachmittag schwärmen. Die Sicht auf den Bodensee und die Berge sei «amazing». Mit demselben Wort drückte er seine Begeisterung über die regionale Geschäftstätigkeit aus. «Es tut sich soviel hier», sagte Ed McMullen. Dies wäre der erste Punkt, den er nennen würde, müsste er Donald Trump das Rheintal beschreiben. «Aber auch die Bevölkerung ist vielfältig mit interessanten, kulturellen Perspektiven, die sich durch die Nähe zu Österreich und Deutschland ergeben.»Ed McMullen ist seit Ende 2017 in Bern als US-Botschafter für die Schweiz und Liechtenstein tätig. Gestern folgte der 54-Jährige der Einladung des Oberrieter Nationalrates Roland Rino Büchel in die Ostschweiz, der den offiziellen Besuch in die Wege leitete.Beim Austausch im St. Galler Regierungsgebäude mit Regierungspräsident Stefan Kölliker sowie den Regierungsräten Bruno Damann und Martin Klöti wurde betont, wie bedeutend der US-Markt für St.Galler Firmen ist. Auch die wissenschaftlichen Verbindungen sind eng – die Universität St.Gallen hat fast 30 Partneruniversitäten in den USA. Nach einem Besuch in der Stiftsbibliothek folgte der Termin zur Besichtigung der SFS.Berufliche Grundbildung weiter fördern«Solche Besuche sind wichtig», sagte CEO Jens Breu über den amerikanischen Gast. «Sie bieten Gelegenheiten, Themen zu platzieren, wo sonst Möglichkeiten begrenzt sind.» Amerika ist für SFS ein wichtiger, wachsender Markt, der generierte Umsatzanteil von rund 18 Prozent beträchtlich. Die Nähe von Ed McMullen zu Donald Trump sei eine Abwechslung zur Botschafter-Vorgängerin, der Demokratin Suzie Levin. «Im Kern interessieren jedoch dieselben Aspekte», sagte Jens Breu. «Wie werden junge Leute ausgebildet? Wie gelingt es, Kompetenzen lokal anzusiedeln und auszubauen?»Auch er selbst begann seine Karriere als Lehrling bei SFS und arbeitete einst in der Werkstatt. Heute ist er CEO. Das duale Bildungssystem der Schweiz soll in den USA als Vorbild dienen. SFS zeigt seit mehreren Jahren, wie es geht, und bildet an den Standorten in den USA derzeit zwölf Lernende in sechs Lehrberufen aus. Zudem besteht zwischen den USA und Heerbrugg ein bewährtes Austauschprogramm für Lernende.Ed McMullen erwähnte erfreut eine zukunftsweisende Vereinbarung, die letzten November unterschrieben wurde. Darin verpflichtete sich SFS zusammen mit weiteren Schweizer Unternehmen, in die duale Ausbildung in den USA zu investieren und diese zu unterstützen. Auch das Thema Importzölle, das SFS bewegt, kam zur Sprache. Dabei verstand es Ed McMullen, die Beziehungen auf Augenhöhe zu pflegen.Amerikaner mit Rheintaler Qualitäten«Man merkt, dass er kein Karrierediplomat ist», sagte Roland Rino Büchel. McMullen ist ein politisch ernannter Botschafter. Er vertrete die Interessen seines Landes, nehme aber auch Rücksicht auf die Mentalität der Schweizer. «Ohne zu moralisieren und mit einer unkomplizierten Art», sagte Büchel, der sich über den gelungenen Besuch freute. «Er ist wie ein Rheintaler.»Ed McMullen hatte es nicht eilig, in seine Botschafter-Residenz nach Bern zurückzukehren. Er verbrachte den Abend in St.Gallen, wo ihn seine Frau Margaret Ann erwartete. Gemeinsam wollten sie die Altstadt erkunden und regionale Spezialitäten geniessen. Zum Mittagessen gab es ein Menü mit blauen «purple» St. Galler Kartoffeln. Die obligate St.Galler Bratwurst gönnte er sich dann zum Znacht.