Fünf von sieben Ligaspielen gewonnen, im Cup zwei Runden weiter: Den Rheintal Gators lief es bis zum Saisonunterbruch hervorragend. Wer nun denkt, Trainer Marco Kipfer breche deshalb in Jubelstürme aus, irrt. «Ganz zufrieden bin ich nicht, in mehreren Bereichen sind wir noch deutlich zu wenig weit», sagt er. Und meint damit besonders das Defensivverhalten. Die Rheintaler führen die Rangliste der 1. Liga, Gruppe 2, zwar an, dennoch hat nur das punktlose Schlusslicht bisher mehr Tore kassiert als die Gators.Dem gegenüber stehen die 47 Tore, die die Rheintaler bisher erzielt haben: Kein Team hat mehr, nur Bassersdorf kommt mit 46 Toren nahe. «Wir haben hervorragende Offensivkräfte. Fünf, sechs Spieler sind im Stockhandling und technisch weit überdurchschnittlich», sagt Kipfer. Ihnen gelinge es auch gut, diese Qualitäten in Tore umzumünzen. Die Statistik zeigt dies: Asser Jääskeläinen hat bisher 15 Skorerpunkte gesammelt, Arbnor Papaj deren 14, Miika Nieminen 12, Matti Koskela 10. Die vier Spieler belegen in der Liga-Skorerliste die Ränge drei, vier, acht und sechzehn.Spektakelspiele freuen den Trainer nicht immerDie statistische Einleitung zeigt: Gators-Spiele sind an Spektakel kaum zu überbieten. 6:5, 8:9, 6:4, 5:3, 6:7, 10:8 und 6:5 stand es am Ende der bisher sieben Spiele in der Liga. «Die Resultate sind erfreulich, mein Fazit fällt mehrheitlich positiv aus», sagt der Trainer. Das Team habe zwar manchmal auch Glück beansprucht, «aber dieses Glück kommt nicht einfach so, wir erarbeiten es uns».Der Trainer sagt, die Gators würden überdurchschnittlich viele Spieler haben, die den Ball sehr gut abdecken können. Dies zeigte Arbnor Papaj (links) auch beim 5:3 gegen Egg. Dennoch sind die Spektakelspiele nicht immer im Sinne des Trainers, er gewinne lieber 5:4 als 9:8. Was dazu passt: Das bisher beste Spiel war das torärmste. Beim 5:3 gegen Co-Leader Pfannenstiel Egg sahen die Zuschauer ein Erstligaspiel auf hohem Niveau. Was den Trainer besonders freute: «Uns war es in diesem Spiel endlich einmal gelungen, die Fehler in der Abwehr abzustellen und clever zu agieren.» Dies lief sonst oft nicht nach den Vorstellungen des Trainers. «Wir müssen auf jeden Fall die Abwehrarbeit besser hinbekommen. Das beginnt ganz vorne, aber vor allem in der Mittelzone», sagt Kipfer.Immer würden die Spiele nicht zugunsten der Gators kippen, sich darauf zu verlassen, wäre fahrlässig. Obwohl es den Trainer sehr freut, dass das Team zu jedem Zeitpunkt fähig ist, mehrere Tore zu schiessen.Marco Kipfer bekleidet bei den Gators mehrere ÄmterDass das Team taktisch noch Mängel habe und noch nicht in der Lage sei, alles zu vollster Zufriedenheit umzusetzen, liegt an der Vorbereitung. Marco Kipfer stiess im Sommer zu den Gators. Er musste die Mannschaft zuerst kennenlernen. Um dies zu tun, liess er spielerisch trainieren. So konnte er sehen, welcher Spieler zu welcher Position passt. Darunter litt das taktische Training. «Wir hätten mehr Zeit gebraucht. Aber es ist auch schön, gibt es trotz guter Resultate noch viel Verbesserungspotenzial», sagt der Trainer.Marco Kipfer unterschrieb bei den Rheintal Gators, nachdem sich zuvor die Wege zwischen ihm und dem NLB-Club Sarganserland getrennt hatten. Bei den Gators hat er nun gleich mehrere Aufgaben: Er ist nicht nur Trainer des Fanionteams, sondern auch als Nachwuchskoordinator im Vorstand sowie an der Entwicklung des Hallenprojekts des Vereins beteiligt. Dafür hat er, der 65 Prozent bei einer Liechtensteinischen Bank angestellt ist, beim Club ein Pensum bekommen.Ähnlich arbeitete er schon im Sarganserland, wo sein Einsatz viel positive Ernte eintrug. Jetzt möchte er die Gators weiterbringen: «Der Verein und die Region stehen jetzt schon gut da, haben aber noch viel mehr Potenzial», sagt er. Besonders, wenn das Nationale Leistungszentrum in Rebstein zustande komme und die Zusammenarbeit mit der Sportschule an der Oberstufe Mittelrheintal so gut bleibe, wie sie sei.Ein Mann, der weiss, wie Spitzensport funktioniertMarco Kipfer fantasiert nicht. Er spricht etwa nicht davon, die Gators in die NLB führen zu wollen, sondern von kontinuierlichen Fortschritten. Dies liegt auch daran, dass er im Sport viel erlebt hat und weiss, wie Spitzensport funktioniert.Aufgewachsen ist Kipfer in Biel. Dort spielte er Eishockey, bis er 20-jährig war. Er war im erweiterten NLA-Kader, zum Durchbruch hat’s aber doch nicht gereicht. Dann wechselte er zum damaligen Erstligisten Arosa, wo er sechs Jahre als Spieler und danach zwei als Assistenztrainer tätig war. Nun folgte eine Pause im sportlichen Wirken; er widmete sich seiner beruflichen Laufbahn, heiratete und wurde Vater zweier Kinder.Als sein Sohn mit Unihockey begann, nahm auch der Vater seine Laufbahn wieder auf. Vom Verein angefragt, übernahm er eine Nachwuchsmannschaft – und arbeitete sich von dieser hoch, bis er Trainer der ersten Mannschaft war. Abgesehen von einem einjährigen Abstecher nach Sarnen war Kipfer elfeinhalb Jahre beim UHC Sarganserland tätig, ehe mit dem Wechsel ins Rheintal eine Luftveränderung folgte.Der Zusammenhalt begeistert den TrainerHier sei er gut aufgenommen worden. «Die direkte, offene Art der Rheintaler gefällt mir sehr – nur der teils doch grobe Umgangston hat mich am Anfang ein wenig erschreckt», sagt Marco Kipfer lachend. An seiner neuen Mannschaft gefällt ihm besonders der starke Zusammenhalt – vor allem, weil das Team in vielerlei Hinsicht eher heterogen sei.In dieser Woche trafen sich die Gators nach langem Unterbruch endlich wieder einmal in der Aegeten-Halle. Trotz Corona gibt es in kleineren Gruppen Trainings. Statt Spielformen mit Kontakt, gibt es Technik- und Schusstraining. «Es ist mir sehr wichtig, dass die Spieler ihrer Leidenschaft nachgehen können», sagt der Trainer.