«Fall nicht hin und zieh Schoner an», rief mir mein Grossmami hinterher, als ich mich ins Auto setzte, um nach Heerbrugg zu fahren. Mein Ziel: Der OMR Pavillon. Dort will ich mir von einer begabten Skaterin das Rollschuhfahren beibringen lassen. Ich möchte erfahren, was am Insta-Hype um die Trendsportart der 80er-Jahre wirklich dran ist. Zum Glück ist der Pavillon überdacht, dachte ich, als bei meiner Ankunft Tropfen vom Himmel fielen – was momentan üblich ist. Dieser Platz ist Patrizia Grafs Lieblingsort, wenn sie skaten will: Trocken, eben und der Betonboden eignet sich perfekt, um Kunststücke zu üben.
Patrizia kam mit zwei grossen Taschen unter den Armen auf mich zu. Als ich meine Hilfe anbot, winkte sie ab. Für ihre Kurse schleppe sie immer viel Equipment herum: Rollschuhe in verschiedenen Grössen und Schoner für fast jedes Körperteil. Seit einigen Wochen bringt die 25-Jährige Kindern in Heerbrugg das Skaten bei. Kürzlich wagte sie den nächsten Schritt und gründete gemeinsam mit zwei Skate-Freundinnen ihre Rollschuhschule «Rollipop». Dort bieten sie Basic-, Park-Skate und Dance-Skate-Workshops an. Ausserdem kann man die drei Skaterinnen für Anlässe wie Teamevents, Polterabende oder Kindergeburtstage buchen.
Patrizia, die in Widnau wohnt, widmet sich vor allem dem Dance-Skate, eine Kombination aus Tanzen und Skaten:
Beim Dance-Skating komme ich richtig aus mir raus und ich konnte dadurch neues Selbstbewusstsein entwickeln.
Auf Social Media sah ich bereits Videos, wie sie dieses Skating betreibt: Elegant und mühelos bewegte sie sich auf acht Rollen. «Welche Voraussetzungen braucht es, um zu skaten?», frage ich. «Deinen Willen und zwei Beine», sagt sie und lacht.
Fallen will gelernt sein, trotz richtigen Schonern
Nach ein paar Aufwärmübungen schlüpfte ich in die Skates, die mir Patrizia mitgebracht hatte. Zuerst lernte ich das richtige Aufstehen, danach wie ich beim Fallen möglichst unversehrt bleibe. Natürlich befolgte ich den Rat meines Grossmamis und trug Schoner. Patrizia zeigte mir die Grundschritte und ich ahmte sie nach. Zu Beginn auf wackeligen Beinen – doch schnell gewöhnte ich mich an die acht Rollen unter meinen Füssen. «Auf den Rollerskates kannst du dich bewegen, wie du möchtest, es gibt keine Vorgaben. Das begeistert mich an diesem Sport», sagt Patrizia.
Sie widmet sich seit knapp drei Jahren fast täglich ihrem Hobby. Vergangenes Jahr verbrachte sie am Skate Love Festival in Barcelona gar vier Tage in Rollschuhen. Gleichgesinnten begegnet Patrizia hauptsächlich in den Sozialen Medien. «Früher betrachtete ich Social Media als kritischen Ort. Doch die Skate-Community, die ich online erlebe, zeigte mir das Gegenteil: Sie ist positiv und Unterstützend.»
Rollerskaten – ein ansteckendes Hobby
Je mehr Zeit ich in den Skates verbrachte, desto mehr begann ich Patrizias Passion zu verstehen. Ich will ja nicht prahlen, aber es freute mich natürlich, dass mich meine Lehrerin mich als Naturtalent bezeichnete. Also wagten wir uns an ein paar Tanzschritte.
So flüssig wie bei ihr sahen meine Schritte nicht aus, jedoch hatten wir eine Menge Spass. «Ich hoffe, dass ich in Zukunft viele Menschen fürs Rollerskaten begeistern kann», sagte Patrizia. Mich hat es auf jeden Fall gepackt und ich kaufte mir ein paar Tage später meine eigenen Rollschuhe.