Yves Solenthaler, LenzerheideDie Hoffnung der Fans von Thomas Litscher auf eine Wiederholung des Medaillengewinns von 2017 hatte fast bis zur Rennhälfte gedauert.Dann sprengte der Niederländer Mathieu van der Poel – Sohn und Enkel der früheren Radprofis Adrie van der Poel und Raymond Poulidor – die Verfolgergruppe des Spitzenduos Nino Schurter/Gerhard Kerschbaumer und verteidigte die Bronzemedaille bis ins Ziel.«Ich bin weiterhin meinen Rhythmus gefahren, sonst hätte ich das harte Rennen vielleicht nicht durchgestanden», sagt der mittlerweile in Rheineck wohnende Thaler. Die Vorsicht hatte aber zur Folge, dass sich auch Mathias Flückiger, Florian Vogel & Co. um einige Sekunden von Litscher absetzten.Fantastische Stimmung um kräftezehrende StreckeNicht nur Nino Schurter fuhr vor ohrenbetäubendem Lärm zu seinem siebten WM-Titel, dem ersten vor Heimpublikum. «Die Zuschauer waren so laut, nach dem Rennen hatte ich ein bisschen Ohrenschmerzen», sagt Litscher. Eine solche Begeisterung hat er wie wohl alle anderen Fahrer noch nie erlebt: «Die Stimmung hat mich und meine Kollegen beflügelt.»Thomas Litscher ist zufrieden mit dem zehnten Rang vor dieser Kulisse.Die kräfteraubende Strecke forderte aber ihren Tribut: In der zweitletzten Runde war Litscher unkonzentriert und fing sich einen platten Reifen ein. «2, 3 Minuten musste ich so bis zur Tech Zone fahren», sagt er. In dieser Zeit verlor er einen oder zwei Plätze. Aber den zehnten Platz, von dem er vor dem Rennen gesprochen hatte, verteidigte er sicher mit einer halben Minute Vorsprung auf den Franzosen Stephane Tempier.Damit war Litscher viertbester von acht Schweizern und 34 Plätze besser klassiert als der frühere Olympiasieger und Weltmeister Jaroslav Kulhavy aus Tschechien, der in Lenzerheide bis anhin noch nie schlechter als Zweiter war. Auch andere Cracks wie Europameister Lars Forster (36.), David Valero Serrano (51.) oder Manuel Fumic (52. Rang) wurden schwer geschlagen.Thomas Litscher dagegen war hier auf über 1500 m ü. M. bisher noch nie in die ersten Zehn gefahren: «Die Strecke in Lenzerheide kommt mir sicher weniger entgegen als der WM-Parcours von vor einem Jahr im australischen Cairns.»Die Schwierigkeit in der Bündner Bergluft ist der steile und lange Anstieg in der Startrunde (und nur in dieser). Beim Start müssen die Cross-Country-Cracks sprinten, um den Anschluss zu halten. Das folgende Auf und Ab in Lenzerheide bietet aber kaum Möglichkeiten, um sich von diesem Effort oder sonstiger Sauerstoffschuld zu erholen.Erholen war aber am Samstagabend angesagt, dann wurde im Hotel Schweizerhof, wo das Schweizer Team durchaus feudal untergebracht war, das letzte wirklich wichtige Rennen der Saison gestartet.Für Thomas Litscher dauert das Wettkampfjahr aber noch zwei Wochen. Vom Dienstag bis am Samstag bestreitet er zusammen mit seinem Österreicher Teamkollegen Max Foidl das Mehretappenrennen Swiss Epic. Die Route führt auf 331 Kilometern (12 550 Höhenmeter Aufstieg) von der Bettmeralp über Grächen nach Zermatt – also eine ziemlich anstrengende Aufgabe am Ende einer langen Saison.In dieser Woche fährt Litscher das Swiss EpicDer wirkliche Abschluss der Saison folgt für Thomas Litscher aber am Sonntag, 23. September. An diesem Tag findet in Lugano das letzte Swiss-Cup-Rennen der Saison statt. Trotz des Sieges vor einer Woche in Muttenz hat Litscher in der Gesamtwertung der Schweizer Rennserie keine Ambitionen, weil er zu Saisonbeginn einige Rennen ausfallen lassen musste.