05.05.2020

Tonnenweise Blei in den Kugelfängen

Die Regierung hat einen Vorstoss von Meinrad Gschwend zur Schwermetallbelastung in den Zielhängen von Schiessanlagen beantwortet.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Exakt lasse sich nicht sagen, mit wie viel Blei und Antimon die Kugelfänge von Schiessanlagen belastet sind, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf eine Interpellation, die von Kantonsrat Meinrad Gschwend (Grüne Partei, Altstätten) letzten Herbst eingereicht worden war. Schon Schätzungen seien schwierig, weil auf manchen Schiessanlagen seit über hundert Jahren geschossen werde. Auf solch lange Zeit zurück ist die Menge der verschossenen Munition nicht dokumentiert. Gleichwohl geht die Regierung aufgrund von zur Verfügung stehenden Daten für die jüngere Zeit von insgesamt 14000 Tonnen Blei und 250 Tonnen Antimon aus. In der Schätzung nicht berücksichtigt sind Schiessanlagen des Militärs, für die der Bund direkt zuständig ist. Kontakte zwischen VBS (dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) und kantonalem Amt für Militär und Zivilschutz bestünden zwar, der Kanton habe aber keinen Zugriff auf den Altlastenkataster des Militärs.Vergessene alte Kugelfänge könnte es noch gebenDie Zahlen in der Antwort der Regierung beziehen sich auf 157 Anlagen (300 Meter, 50 Meter, 25 Meter sowie Jagdschiessanlagen) auf Kantonsgebiet, die nach wie vor in Betrieb sind, sowie 89 stillgelegte Anlagen, die alle im Kataster der belasteten Standorte erfasst sind. Nicht ganz ausschliessen kann die Regierung, dass es einzelne im Kataster nicht erfasste Kugelfänge gibt, die vor sehr langer Zeit stillgelegt worden sind und von denen deswegen niemand mehr etwas weiss. Die Regierung geht aber davon aus, dass diese, sollte es welche geben, nicht in Grundwasserschutzzonen liegen.Heikel sind Anlagen in GewässerschutzzonenMeinrad Gschwend hatte dies besonders Sorgen bereitet. Er berief sich in seinem Vorstoss auf neuere Studien, die darauf hinweisen, dass sich das Blei im Boden nicht so träge verhält, wie man bisher angenommen hat, sondern sich rasch in tiefere Erdschichten verlagern kann. Und das zur Härtung des Bleis eingesetzte Halbmetall Antimon werde noch rascher ausgewaschen, hielt Gschwend fest. Die Projektilrückstände würden damit zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für das Grundwasser.Im Bereich der Schutzzonen von Grund- und Quellwasserfassungen befinden sich allerdings nur wenige Kugelfänge, hält die Regierung dazu fest. Aktuell noch sieben, acht weitere seien bereits saniert worden.In der Nähe von Gewässern, das heisst im Uferbereich, liegen 27 Anlagen, auf denen noch geschossen wird, sowie 20 stillgelegte. Bei solchen Anlagen müsse grundsätzlich von einer potenziellen Gefahr für das Gewässer ausgegangen werden. Drei der Anlagen in Betrieb und 13 der stillgelegten seien bereits als sanierungsbedürftig eingestuft. Für die übrigen stehe die Gefährdungsabschätzung noch aus.36 stillgelegte Anlagen sind sanierungsbedürftigInsgesamt gelten 36 der 89 stillgelegten Anlagen als sanierungsbedürftig. Eine Frist zur Altlastensanierung besteht indes nicht, hält die Regierung fest. Ohnehin kein Handlungsbedarf besteht für sie bei alten Anlagen, welche keine Gewässer gefährdeten und im Wald lägen.Meinrad Gschwend hingegen hatte in seinem Vorstoss im Besonderen kritisiert, dass manche ehemaligen Kugelfänge einwachsen und zu Wald werden. Damit werde die Beseitigung kommenden Generationen überbürdet.Solche eingewachsenen Kugelfänge am Waldrand gebe es einige, schreibt die Regierung dazu. Sie stellt sich aber auf den Standpunkt, dass eine Dekontamination nur nötig ist, wenn ein Gewässer direkt oder allenfalls in Folge von Erosion gefährdet ist. Über das Bundesrecht hinaus gehende Vorschriften will sie nicht erlassen.Veraltete Anlagen werden vom Kanton gesperrtGschwends Vorstoss hängt allerdings mit einer aktuellen Sanierungspflicht zusammen, die der Bund für Anlagen vorgegeben hat, auf denen weiterhin geschossen werden soll. Diese müssen so ausgerüstet werden, dass keine Projektile mehr in den Boden gelangen. Stichtag ist der 31. Dezember 2020.60 der 80 noch bestehenden 300-Meter-Schiessanlagen seien bereits mit einem modernen Kugelfangsystem ausgerüstet, schreibt die Regierung. Bei den andern 20 sei entweder ein als Übergangslösung akzeptierter Stirnholzkugelfang installiert oder eine Umrüstung auf ein modernes System geplant. Ausnahmen wird der Kanton keine machen: Sollte es nächstes Jahr noch Anlagen geben, welche die neuen Vorschriften nicht erfüllen, werde das Sicherheits- und Justizdepartement sie schliessen, bis sie nachgerüstet sind, hält die Regierung fest.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.