26.04.2019

Thomas ist ein Skeptiker

Von Stefan Kiesewetter
aktualisiert am 03.11.2022
«Wenn ich nicht sehe, glaube ich nicht!» Die Aussage des Apostels Thomas spricht vielen aus den Herzen, denen es schwerfällt, das Ostergeheimnis zu glauben. Thomas war als einziger Jünger nicht anwesend, als Jesus ihnen zum ersten Mal erschienen war. «Wir haben den (auferstandenen) Herrn gesehen!», war die Reaktion der zehn Jünger, als sie Thomas wiedersahen. Zehn gleiche Aussagen von seinen Mitbrüdern über ein und dasselbe Ereignis reichten ihm nicht aus, um zu glauben, dass Jesus von den Toten auferstanden war. Thomas ist ein Skeptiker, der, obwohl er als Jünger Jesus von Anfang an begleitet und seine Worte gehört hatte, nur durch eine empirische Beweisführung die Aussage der anderen zehn Apostel glauben könne. Acht Tage später waren die elf Apostel wieder versammelt und Jesus trat zu ihnen und forderte Thomas auf, seine Wundmale an den Händen und Füssen und an seiner Seite zu berühren. Jesus wollte seinen Jünger nicht im Unglauben lassen und gewährte ihm dieses Privileg, das er jedoch mit einer Kritik seines Zweifels zum Ausdruck brachte: «Selig, die nicht sehen und doch glauben!» Im Petersdom in Rom ist die Szene auf einem Nebenaltar dargestellt. Der Blick des Apostels Thomas beim Betrachten der Wunden hat der Künstler in einzigartiger Schönheit dargestellt. Thomas ist verblüfft und kann das Wunder nicht glauben. In dem Moment des Staunens bricht aus ihm das schönste Bekenntnis eines Menschen gegenüber Jesus hervor, das je gesagt worden war: «Mein Herr und mein Gott!».Thomas ist der Prototyp eines jeden Menschen: Unglaube und Skepsis begleiteten das Oster­ereignis, das die zentrale Botschaft des Christentums ist, von Anfang an. Viele Erklärungsversuche wurden unternommen, um die Auferstehung zu relativieren und als Falschmeldung abzuwerten. Das Privileg des Apostels Thomas ist leider nicht jedem vergönnt, umso mehr rühmt aber Jesus all jene selig, die glauben, ohne einen Beweis dafür zu verlangen. Es ist menschlich, dass sich immer wieder neue Fragen in Bezug auf den Glauben stellen – dafür ist die Lebens- und Heilgeschichte Jesus zu fantastisch. Der heilige Augustinus schrieb in Bezug auf den Versuch, das Wirken Gottes erklären zu können: «Hast du es begriffen, dann ist es nicht Gott!». Glauben heisst, sich Einlassen auf das Geheimnis. Und der Hebräerbrief drückt es wunderbar aus: «Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von dem, was man nicht sieht.». Glauben heisst nicht wissen – sagt ein Sprichwort; aber zu glauben bedeutet, überzeugt zu sein von der Hoffnung, dass Jesus den Tod besiegt hat und uns das ewige Leben geschenkt hat. Diese Hoffnung kann die Grundlage sein, dieser Osterfreude im Leben Ausdruck zu verleihen und das Bekenntnis des Apostels Thomas zu leben: «Mein Herr und mein Gott!»Stefan KiesewetterPastoralassistent in Au

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