02.11.2020

Tausende Kinder mit traurigen Geschichten

Fatmire Sopa kam der Liebe wegen in die Schweiz. Aber ihre Vergangenheit beschäftigt sie noch heute.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Fatmire Sopa, Schlüsselperson der Fachstelle Integration, hat beim erstmals durchgeführten Schreibwettbewerb des internationalen Literaturfestivals «StadtLesen» den Regionalentscheid in Zürich gewonnen. Die gebürtige Kosovarin lebt seit 13 Jahren in Oberriet, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Nicht infolge des Krieges, sondern der Liebe wegen kam die 36-Jährige in die Schweiz. Und doch sind in ihrem Kopf Erlebnisse, die sie nie vergessen wird und sie auch heute noch beschäftigen.Tausende Kinder haben ähnliche GeschichtenAls Kind hat die studierte Juristin begonnen zu schreiben. «Alle Texte wurden im Krieg vernichtet, als unser Haus niedergebrannt wurde», sagt Fatmire Sopa. Schreiben sei aber immer noch ein wichtiger Teil ihres Lebens. Bisher hat sie drei Bücher geschrieben, wovon zwei veröffentlich wurden. Ihr drittes Buch, das auch auf Deutsch erscheinen soll, stehe vor der Publikation.Das vorgegebene Thema des Schreibwettbewerbs war «Grenzen überwinden – Flucht und Migration». In ihrem gleichnamigen Text «Grenzen überwinden» erzählt die Oberrieterin die Geschichte von Shpresa.Alles begann im März 1998, als der Kosovokrieg ausbrach und sich Shpresas Leben und dasjenige von Tausenden von Kindern schlagartig veränderte. «Viele Jahre sind vergangen, aber in meinen Gedanken sind die Erinnerungen an den Krieg, die Folterungen, die Getöteten und die Massaker, die Flucht und die Leiden immer noch frisch. Mir scheint, als wäre gestern alles passiert.» Emotional, detailliert und vor allem ungeschminkt schildert die 36-Jährige die Erlebnisse von Shpresa. «Ich möchte den Krieg vergessen, ich möchte mich täuschen, dass alles nur ein Albtraum war, aber vergebens. Jedes Mal, wenn ich meine Augen schliesse, fühle ich die Hand meiner Freundin in meiner Hand, höre ich die Stimme des Lehrers und anderer Schüler, ich höre die Stimmen und Schreie von vergewaltigten Mädchen, ich höre die Stimmen von Babys, die unaufhörlich weinten, ich höre die Schüsse, die meinen Vater töteten, ich fühle die Kälte dieses März und die Hoffnung, dass der Frühling wieder kommt.» Doch der Frühling kam weder für Shpresa noch für Fatmire Sopa.Die Welt über die Gewalt und den Terror aufklären«Es hat mich sehr gefreut, dass mein Text unter den drei ausgewählten Gewinnern ist», sagt die Oberrieterin. Als sie vom Wettbewerb erfuhr, stand für sie fest, mitzumachen. Es sei wichtig, dass solche Kriegserlebnisse von anderen Menschen gelesen werden und die schrecklichen Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten. Sie selbst hat den Krieg mit all seiner Gewalt und dem Terror erlebt. «Krieg ist kein Spiel, das Leben aller Menschen muss respektiert werden», sagt Fatmire Sopa.HinweisNebst Fatmire Sopa gehört auch Akife Hüseynova aus Altstätten zu den Gewinnerinnen. Ihr Porträt folgt in dieser Zeitung.www.refujournalists.ch 

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