11.10.2021

Strom wird teils deutlich teurer

Die steigenden Energiekosten erhöhen den Strompreis im Appenzellerland. In Wolfhalden wächst er um 46 Prozent.

Von Elia Fagetti
aktualisiert am 03.11.2022
Mit dem weltweit zunehmenden Konsum von elektrischer Energie steigen auch die Preise an. Ein wichtiger Grund sind die höheren Beschaffungskosten, dies sagen die Energieversorgungsunternehmen (EVU) des Appenzellerlands und die St. Gallisch-Appenzeller Kraftwerke AG (SAK). Besonders stark steigen die Preise in Wolfhalden. Dort gehen die Preise für Privat- und Gewerbekunden im Durchschnitt um 46 Prozent nach oben. Dies schreibt die EVU Elektra-Korporation Wolfhalden auf ihrer Website. In Heiden steigt der Basisstrom-Tarif von 23.76 Rappen pro Kilowattstunde (Hochtarif) respektive 14.60 (Niedertarif) auf 25.27 Rappen pro Kilowattstunde im Hochtarif respektive 16.54 im Niedertarif. Zudem stellt das Elektrizitätswerk Heiden den Einzeltarif ein. Dies wird mit der flächendeckenden Einführung des Smart Meters begründet. Andere angefragte Korporationen geben ähnlich Auskunft. Den Anstieg führen sie ebenfalls auf die erhöhten Beschaffungskosten zurück. Seit ihrem Tiefstand 2017 stiegen die Strompreise um über 200 Prozent an. Die diesjährige Erhöhung liegt vorwiegend an den steigenden Kosten für die Energiebeschaffung. Das bestätigen einige der angefragten EVU. Fossile Brennstoffe wie Kohle und Gas sind teurer geworden. Sie machen ungefähr 80 Prozent der Energieträger in der weltweiten Stromproduktion aus. Die SAK beliefert einen grossen Teil des Appenzellerlands und ist Vorlieger für viele EVU der Region. Aus ihrer Medienmitteilung vom Ende August kann man ablesen, dass sich die Preise in allen Stromkategorien erhöhen werden.  Bei einem jährlichen Verbrauch bis 50’000 Kilowattstunden steigen die Preise im Durchschnitt pro Kilowattstunde um 0.376 Rappen. Der höchste Anstieg verzeichnet das Produkt «Graustrom», welches nur Atomstrom enthält, mit 0.63 Rappen pro Kilowattstunde. Im Innerrhoden steigen die Preise um etwa einen Rappen pro Kilowattstunde, wie die Feuerschaugemeinde Appenzell auf ihrer Website schreibt. Den Anstieg erklären die Innerrhoder ebenfalls mit erhöhten Einkaufspreisen für Strom und dem Kostenanstieg im Vorliegernetz. Zudem habe der Bau von Smart Meter Kosten verursacht. Die Smart Meter erlauben es, den Strom schneller und effizienter auszulesen. Sie sind ein Bestandteil der Energiestrategie 2050. Für den Privathaushalt in Appenzell bis 50’000 Kilowattstunden pro Jahr heisst das: Im Hochtarif steigen die Kosten um 2 Rappen, von 18.46 auf 20.85 Rappen pro Kilowattstunde. Doch dies ist nur beim «naturmade» Strom so. Denn Appenzell führt auf das Jahr 2022 den «naturmade plus» ein. Dort steigen die Kosten für den Hochtarif auf 23.44 Rappen pro Kilowattstunde. Je nach Haushaltsverbrauch steigen die Kosten zwischen 45 und 125 Franken pro Jahr. In Oberegg erhöhen sich die Kosten laut Elektra Oberegg um 0.9 beziehungsweise 1.1 Rappen pro Kilowattstunde.Klimastrategie beeinflusst StrompreisEnergieproduktion wird immer wichtiger, denn wie viele andere Staaten möchte die Schweiz aus der fossilen Energieproduktion aussteigen. Damit einhergehen höhere Kosten. Doch es ist immer noch billiger fossile Brennstoffe zu verwenden – allen voran Kohle. Colin Harrison von der Elektra-Korporation Wolfhalden (EKW) sagt: «Gas und Kohle befinden sich seit Ende 2020 im preislichen Höhenflug.» Bei Gas stieg der Preis um 120 Prozent, bei Kohle gar um 300 Prozent und bei den CO2-Zertifikaten betrug der Anstieg seit 2020 etwa 75 Prozent. Der Kohlepreis ist laut der deutschen Tageszeitung Handelsblatt angestiegen, weil der Stoff alternativlos sei, denn der Preis anderer Energieträger liegt über dem Preis der Kohle. Der Strompreis setzt sich aus drei Komponenten zusammen, Energie, Netznutzung und Abgaben. Zwei dieser Komponenten sind teurer geworden: zur Hauptsache die elektrische Energie und in kleinerem Mass die Netznutzung. Die Abgaben bleiben gleich. Doch woran liegt das? Mit der Netznutzung werden die Kosten für Betrieb, Unterhalt und Ausbau des Übertragungsnetzes vom Erzeuger bis zum Kunden abgegolten. In den Vorliegernetzen wie auch den Netzen der EVU wird die Verkabelung vorangetrieben, um den neuen Anforderungen mit dezentraler Energieproduktion (Fotovoltaikanlagen) und der Elektromobilität gerecht zu werden. Der Anstieg im kommenden Jahr fällt dennoch moderat aus. Die dritte Komponente des Strompreises sind gesetzlich vorgeschriebene Abgaben. Diese bleiben unverändert. Harrison zieht ein Fazit: «Die Strompreiserhöhung für 2022 ist hauptsächlich auf die gestiegenen Energiepreise zurückzuführen.»Ausreisser Wolfhalden und UrnäschSchaut man sich alle Preiserhöhungen an, so werden schnell zwei Ausreisser offensichtlich: Wolfhalden und Urnäsch. Diese beiden Gemeinden haben laut der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) in allen Kategorien für Private im Appenzellerland die höchsten Preise im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt.  Die Elcom ist beauftragt, die Strompreise in der Schweiz zu kontrollieren. Bis Herbst müssen die EVUs der Elcom ihre Preise schicken. Auf der Karte der Elcom können die aktuellen und vergangenen Strompreise abgelesen werden. Vorsicht: Die Preise der Elcom sind der Durchschnitt aller angebotenen Produkte eines jeweiligen Versorgers. Dies wird gemacht, da keine einheitlichen Preise bestehen. Harrison von der EKW gibt Kontext zum Preisanstieg. «Neben den steigenden Kosten für Energie ist auch der Zeitpunkt der Beschaffung relevant. Hätte ich den Strom für nächstes Jahr jetzt eingekauft, müssten dem Kunden statt 11 Rappen 25 Rappen pro Kilowattstunde elektrischer Energie verrechnet werden.»  Ein weiterer wichtiger Punkt seien die Eigenleistungen. Harrison sagt, dass er mit seinem Team viele Arbeiten mache, damit der Preis der Netznutzung für die Endkonsumenten möglichst stabil gehalten werden kann. Laut Harrison sei das aber nicht immer möglich. Zudem sei es wichtig, Schweizer Preise in Relation zu sehen, sagt Harrison. In Deutschland zahle man zwischen 30 und 50 Cent pro Kilowattstunde.

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