23.09.2022

Strafe für Gemüsebauer höher als gefordert

Ein Rheintaler Gemüsebauer brachte jahrelang verschmutztes Waschwasser auf seinen Feldern aus. Er wird vom Kreisgericht zu einer Geldstrafe von 222 000 Franken verurteilt.

Von Enrico Kampmann
aktualisiert am 02.11.2022
Das Kreisgericht in Altstätten hat einen Rheintaler Gemüsebauern des mehrfachen Vergehens gegen den Gewässerschutz und den Umweltschutz schuldig gesprochen. Das Amt für Umwelt (AFU) des Kantons St. Gallen hatte es dem Beschuldigten ausdrücklich verboten. Dennoch brachte er zwischen September 2019 und April 2021 stark belastetes Waschabwasser aus seinem Betrieb mitsamt den organischen Abfällen aus der Gemüseproduktion auf den Feldern in der unmittelbaren Umgebung seines Betriebes aus oder leitete es direkt in den nahe gelegenen Bach, die Länderenaach. Gemäss dem Leiter des Rechtsdienstes des AFU, Martin Anderegg, handelte es sich um rund zwölf Kubikmeter oder «80 Badewannen» pro Tag. Der Beschuldigte tat dies laut An­klage «wissentlich und willentlich».Der Gemüsebauer wird zu einer Geldstrafe von 222 000 Franken verurteilt, davon 182 000 Franken bedingt mit einer Probezeit von zwei Jahren. Zusätzlich erhält er eine Busse von 10 000 Franken und muss eine Ersatzforderung in Höhe von fast 26 000 Franken zahlen, für die eingesparten Entsorgungskosten. Ebenfalls muss er die Verfahrenskosten von 4000 Franken tragen.Damit fällt die Strafe am Ende sogar weitaus höher aus, als von der Anklage gefordert. Diese hatte eine bedingte Geldstrafe von 79 300 Franken gefordert. Die Diskrepanz lässt sich mit der Höhe der Tagessätze erklären, die vom Einkommen des Beschuldigten abhängen. Die Anklage hatte 130 Tagessätze zu je 610 Franken gefordert. Da sich die finanzielle Lage des Gemüsebauern in den letzten zwei Jahren gemäss den neuesten Kenntnissen des Gerichts aber massgeblich verbessert hat, hob diese den Tagessatz auf satte 1370 Franken an. Das Geschäft des Gemüsebauern scheint ordentlich zu brummen.Verteidigung plädierte auf  FreispruchDie Tätigkeiten des Beschul­digten führten unter anderem dazu, dass sich unterhalb der Einleitung in die Länderenaach ein Abwasserpilz bildete. Dieser wies eine Länge auf, «die in der Schweiz nur äusserst selten zu beobachten ist», sagt Anderegg. Ebenfalls seien die Grenzwerte für gewisse Schadstoffe «um ein Mehrfaches» überstiegen worden.Der Beschuldigte bestreitet jegliche Vorwürfe. Er gab im Gerichtssaal an, niemals Waschabwasser auf seinen Feldern ausgebracht zu haben. Er habe das Wasser aus seinem Betrieb stets mit der eigenen Kläranlage gereinigt und wiederverwendet. Gleichzeitig sagte er aus, dass «alle anderen Bauern im Kanton» tun könnten, was sie wollten. Nur in seinem Fall würde das AFU einschreiten. Es handle sich beim Verfahren um einen Feldzug des AFU gegen ihn persönlich. Entsprechend hatte die Verteidigung auf einen Freispruch plädiert. Der Anwalt beanstandete mehrere Formfehler im Verfahren, darunter unzulässige Beweismaterialien, und argumentierte, dass die Beweislage für eine Verurteilung ohnehin nicht ausreiche.Der Richter war anderer Meinung. Für das Gericht sei erwiesen, dass der Beschuldigte das Waschabwasser auf seinen Feldern ausgebracht habe, begründete er seinen Entscheid. Dies sei insbesondere durch die Tatsache untermauert, dass der Beschuldigte sein Abwasser im angegebenen Zeitraum kein einziges Mal zur örtlichen Abwasserreinigungsanlage gebracht habe, wie eigentlich gesetzlich vorgesehen ist.Eine andere Möglichkeit, sein Abwasser zu entsorgen, habe es auf seinem Betrieb nicht gegeben. Dass er das Abwasser mit seiner eigenen Anlage recycelt habe, hält der Richter für unglaubwürdig – zumal der Beschuldigte dies bis zur Verhandlung am Montag auch noch nie erwähnt habe.Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der beschuldigte  Gemüsebauer hat zehn Tage Zeit, Berufung einzulegen und es an die nächste Instanz weiterzuziehen.

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