12.02.2021

Still und leise findet Fasnacht statt

Beizenfasnacht und Umzüge sind zwar abgesagt. Die «Rätscha» und der «Dachspätzler» sind aber herausgekommen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Altstätten/Oberriet/Kobelwald.  Schmutziger Donnerstag und keiner geht hin: So ruhig wie dieses Jahr haben die Fasnachts­tage noch nicht grad begonnen. Es gibt weder Beizenfasnacht, noch Umzüge. Kobelwald, wo man sich sonst am Schmutzig- Donschtig-Nomitag fast auf die Füsse steht, um ja nichts vom Umzug der Kinder zu verpassen, bleibt für einmal menschenleer. Und doch: Still und leise findet dort Fasnacht statt: Bei der Bushaltestelle vor der Kirche hat jemand Plakate mit den Schnitzelbänken der Guggenmusik Bleandastöber und der Gruppe Pfeffer und Salz aufgestellt! Man findet sie auch andernorts in der Gemeinde.Auf Beizentour können die Schnitzelbänkler heuer freilich ebenso wenig gehen wie die Guggenmusiken. Verse geschmiedet und Helgen gemalt haben sie trotzdem. Unter die Leute bringt sie der «Dachspätzler», die Oberrieter Fasnachtszeitung, in der die Schnitzelbänke abgedruckt sind.Anders als andere Fasnachtszeitungen sind der «Dachspätzler» und die von der Altstätter Fasnachtsmontag-Clique herausgegebene «Rätscha» nämlich erschienen. Die Oberrieter Fasnachtszeitung ist seit Donnerstag im Verkauf, die «Rätscha» seit gestern Abend. «Leidthema» der Rätscha: Das analoge FadennetzObwohl das öffentliche Leben seit einem Jahr praktisch auf Eis liegt, wurden die Zeitungsmacher viel Närrisches inne, worüber sich stattliche Ausgaben füllen liessen. Hauptthema der «Rätscha» ist das «analoge Fadennetz», welches das Künstlerpaar Riklin, der Stadtrat und der Verein Staablueme aufzuspannen im Sinn gehabt hatten, das dann aber an der letzten Bürgerversammlung gescheitert ist. «Zum Lachen» kommentiert die Fasnachtsmontag-Clique in ihrem «Leidartikel» das Kunstprojekt und reimt weiter hinten: «Was goht do vor i dene Grinde | vernetzt sind mir vo vorne bis hinde | zwee Brüeder findet das aber z’wenig | ond de Stadtrot isch sofort willig. | Doch es git no schlaui Lüt | wo sägid, do drus wird denn nüt | för so en kulturelle Stuss | en Büezer e Johr lang schaffe muess. | Schnüerli spanne ohni raschte | vo Lüchige bes of de hochi Chaschte | Kultur vo dene Brüeder ischt | Geld verdiene mit emene Mischt.»Im Dachspätzler geht’s um verkrüppelte BäumeKopfschütteln noch und noch haben in und um Oberriet offenbar die verstümmelten Bäume entlang der Kantonsstrasse nach Altstätten verursacht. Zupass kommt den Fasnächtlern, dass der einheimische Künstler Hubert Müller fast zur selben Zeit am Semelenberg ebenfalls Bäume köpfte (und die Stämme weiss färbte), um so die Auswirkungen der Corona-Massnahmen zu thematisieren. Der «Dachspätzler» mutmasst nun, der Gemeindepräsident könnte seine Hände mit im Spiel gehabt haben – immerhin ist Rolf Huber passionierter Hobbyholzer. Auch die beiden Schnitzelbankgruppen haben das Thema aufgegriffen. Die Bleandastöber so:«Si isch gstanda, hocherhoba, majestätisch und stolz, | d’Birka- Allee zwüschet Oberriet und Altstätta, a bsundrigs Holz. | Nöd stohloh und nöd umtoh, nu rasiert. | Si hofft nuno trurig, dass si so kaschtriert niemert gsiet.»Pfeffer und Salz wiederum reimen wie folgt: «D’Hoptstross uf Altstetta isch a oanzagi Pracht, | da Kantoa hät us Bomstämm ä Kunstwerk gmacht. | Da Hübi Müller hond dia Stämm a so inspiriert, | dass er d’Idee gad uf em Sämeler kopiert.»Ebenfalls mehrfach aufgegriffen wird im «Dachspätzler» bzw. in den Schnitzelbänken die verbale Entgleisung des Oberrieter SVP-Nationalrats Roland Rino Büchel, der sich während der Session über den Klimaprotest vor dem Bundeshaus enervierte.Und natürlich bekommen wie jedes Jahr auch die Gemeinde- bzw. Stadträte in den beiden Fasnachtszeitungen ihr Fett ab. Aber auch vielen «einfachen» Einwohnerinnen und Einwohnern sind das letzte Jahr über Missgeschicke passiert, die trotz Corona (und wohl dank Nachbarn, Freunden und Vereinskollegen) auskamen. Dabei kann die «Rätscha» sogar Corona etwas Positives abgewinnen. Dies dank der Erfahrung eines Fasnachtsmontag-Cliquelers, der die Krankheit durchmachte: «An Weihnachten im letzten Jahr | beim Rechtsanwalt Corona war. | Doch ist es glimpflich abgeloffen, | nur der Geschmacks- sinn war betroffen | und Thomas fand sofort das Gute: | Im Keller alter Wein noch ruhte. | Ein Fusel der besonders mundet, | wenn der Geschmacks-Sensor verwundet | und Thomas sonst nur Tee bekäme, | weil er ja in Quarantäne. | Dieser Mann braucht keinen Trost. | Da sagen wir ganz einfach – Prost!»Die Fasnachtszeitungen kann man in verschiedenen Läden in und um Altstätten und Oberriet kaufen. Die Schnitzelbänke der Bleandastöber und der Gruppe Pfeffer und Salz liegen in manchen Geschäften gratis zum Mitnehmen auf. Auf www.bleandastoeber.ch sind ausserdem Schnitzelbänke der letzten Jahre aufgeschaltet.

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