Über die Jahre gibt es in einer Altstadt immer wieder Wechsel in den Geschäftslokalen. Manchmal steht ein Lädeli nur kurz leer, manchmal länger. Ein leerer Laden wirkt freilich bald einmal trist. Es ist deshalb schön, wenn sich eine Zwischennutzung findet wie jetzt gerade im ehemaligen Schuhhaus in der Altstätter Marktgasse: Der einheimische Künstler Pli Ebnöther nutzt den früheren Verkaufsraum eine Zeit lang für eine Ausstellung.Dieser Tage klebte die Nase eines Buben am Schaufenster. Die ausgestellten Bronzeskulpturen gefielen ihm. Eine davon gäbe ein schönes Weihnachtsgeschenk für seine Mama ab, dachte er sich. Der Künstler sah sich veranlasst, ein Missverständnis zu klären, nämlich dass die edel glänzenden Figuren mit den Nummern des Ausstellungskatalogs versehen sind und nicht mit dem Kaufpreis. Der Künstler hätte lachen und den Bub wegschicken können. Stattdessen zeigte er ihm seine Ausstellung und erklärte ihm anhand eines Modells, wie er monatelang an seinen Werken arbeitet, dass sie schon deshalb ihren Preis haben, dass es ihren Käufern aber wert ist, das Geld dafür auszugeben – weil Kunst immer wieder dazu anregt, sich in sie zu vertiefen und über sie nachzudenken und auf diese Weise grosse Freude bereitet.Die drei Franken Sackgeld des Buben haben für ein Weihnachtsgeschenk für seine Mama nicht gereicht. Aber wer weiss, was aus ihm einmal wird: Vielleicht hat ja die Begegnung in einem zwischengenutzten Schuhladen und die Zeit, die sich der Künstler für ihn nahm, die Begeisterung eines künftigen Kunstmäzens keimen lassen.Max Tinner
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